- Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Abgeordnete, liebe Zuschauende,
fast jeder hat in seinem Leben schon einmal Erfahrungen mit Mobbing gemacht: als Kind oder Jugendlicher in der Schule, aber auch als Erwachsener im Beruf, im Verein oder in der Partei. Und wer mit Mobbing-Opfern gesprochen hat, weiß, wie traumatisch diese Erfahrungen sein können: soziale Isolierung, Zerstörung des Selbstvertrauens bis hin zum Suizid können die Folge sein.
Mobbing, insbesondere Mobbing im Netz, ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und macht natürlich vor unseren Schulen nicht Halt. Deshalb ist der Umgang mit Mobbing und Gewalt auch bereits jetzt ein wichtiger Bestandteil unseres Rahmenlehrplans. In Teil B "Fächerübergreifende Kompetenzentwicklung" heißt es unter Gewaltprävention:
"Gewalt wird nicht nur als körperlicher Zwang ausgeübt, sondern tritt auch als psychischer Druck auf, der sich z. B in der Sprache, als Ausgrenzung, als Diskriminierung bzw. als Mobbing oder Cybermobbing äußert."
Der Rahmenlehrplan gibt auch gezielte Empfehlungen zur Prävention und zum Umgang mit Mobbing vor. So sollen die Lernenden im Bereich der sozialen Kompetenzen die Fähigkeit zur Empathie und zum Perspektivwechsel entwickeln, lernen, wie man mit Konflikten konstruktiv umgeht und diese in einem aktiven Lösungsprozess bewältigt.
In der Praxis sieht das oft sicher anders aus. Viele Lehrkräfte sind in ihrer Ausbildung nicht wirklich auf den Umgang mit Mobbing und unangemessenem Verhalten vorbereitet worden. Oft fehlt im hektischen Schulalltag auch schlicht die Zeit für eine gute Anti-Gewaltarbeit.
Es ist wichtig, von Anfang ein Schul- und Klassenklima zu schaffen, in dem Mobbing nicht geduldet wird. Es kommt darauf an, dass Schulleitung und Kollegium sich der Problematik bewusst sind und schon im Schulprogramm entsprechende Maßnahmen verankern. Auch in der grundständigen Lehrkräfteausbildung muss die Förderung sozialer Kompetenzen, gruppendynamischer Prozesse und der Umgang mit Gewalt eine größere Rolle spielen.
Bereits jetzt gibt es viele gute Konzepte, Programme und Unterstützungsangebote, z.B. von der Polizei und von Trägern im Netzwerk der Landesarbeitsgemeinschaft Sozialarbeit. Diese bieten sowohl Fortbildung für Lehrkräfte, Projekttage, Workshops über mehrere Wochen, im Klassenrat oder Elternabende an. Aber gute Anti-Mobbing-Arbeit braucht auch Zeit und Kontinuität. Das ist nicht mit Kurzzeitmethoden oder einem Projekttag einmal im Jahr getan. Und es sollte auch genau hingeschaut werden bei der Auswahl der Kooperationspartner. Die LAG Sozialarbeit hat uns ausdrücklich vor Carsten Stahl gewarnt. Seine sehr auf öffentliche Effekte ausgerichteten Methoden, die auf mich eher einschüchternd wirken als ermutigend, sind fachlich sehr umstritten. Bei der Prävention sollten das Wohl und die Interessen der Kinder im Mittelpunkt stehen und nicht die Medienkarriere der Berater.
Auch wenn wir Ihre Anträge heute ablehnen, macht es Sinn, sich im Bildungsausschuss mit Fachleuten auszutauschen, wie wir noch besser werden können bei Prävention und Umgang mit Mobbing. Es spricht auch nichts dagegen, bei der nächsten Schulgesetzänderung an geeigneter Stelle auch die Bekämpfung von Mobbing an Brandenburger Schulen noch deutlicher im Gesetz zu verankern.
Um wirklich nachhaltige Wirkung zu erzielen, ist aber eine gute personelle Ausstattung der Schulen viel wichtiger. Die geplanten 400 Stellen für Multiprofessionelle Teams, darunter für Schulpsychologie und Schulsozialarbeit, werden da einen wesentlich größeren Effekt haben!