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Petra Budke spricht zum Antrag "Synagoge in Potsdam endlich errichten"

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Abgeordnete, liebe Zuschauende,

als ich diese Rede recherchierte und nach Infos über die alte Synagoge in Potsdam suchte, entdeckte ich eine wunderbare Seite im Netz. Schülerinnen und Schüler des Humboldt-Gymnasiums haben 2018 in einem Projekt einen interaktiven Stadtplan über die Geschichte jüdischen Lebens in Potsdam entwickelt. Unter www.geschichtsorte.de findet man spannende Informationen über insgesamt 22 jüdische Orte in der Landeshauptstadt. Darunter auch über die Geschichte der Synagoge, die 1903 am damaligen Wilhelmplatz, dem heutigen Platz der Einheit, eingeweiht wurde.

In der Reichsprogromnacht am 9. November 1938 wurde sie geschändet, bei einem Luftangriff am 14. April 1945 brannte sie dann vollständig aus und wurde zehn Jahre später abgerissen. Seither gibt es hier keinen Synagogenbau mehr. Damit sind wir übrigens die einzige deutsche Landeshauptstadt, die keine Synagoge hat.

Jüdisches Leben in Potsdam begann um das Jahr 1700. Die fast vollständige Auslöschung jüdischen Lebens in Deutschland gehört zu den schlimmsten Verbrechen in der Geschichte der Menschheit. Das dürfen wir nie wieder zulassen!

Und doch leben heute wieder etwa 1200 Menschen jüdischen Glaubens in Potsdam. Viele sind Anfang der Neunziger Jahre aus der ehemaligen Sowjetunion eingewandert. Und auch viele junge Leute kommen her, denn die Uni Potsdam bietet ein europaweit einzigartiges Rabbiner- und Kantor*innenstudium an.

76 Jahre nach dem Ende der Shoah dürfen wir froh und dankbar sein, dass wieder ein aktives und vielfältiges jüdisches Leben entstanden ist!

Viele unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger engagieren sich schon lange für ein religiöses und kulturelles jüdisches Zentrum in Potsdam. Sie wünschen sich Räume für ein aktives Gemeindeleben, für Jugend- und Seniorenarbeit, für Bildungsangebote und auch für Feiern.

Und - der menschenverachtende, antisemitische Anschlag auf die Synagoge in Halle hat uns erneut deutlich gemacht, dass wir ihnen auch Schutz und Sicherheit bieten müssen!

Ich freue mich, dass es gelungen ist, mit dem Projekt des Synagogenbaus einen entscheidenden Schritt weiter zu kommen. Der Weg wird sicherlich nicht einfach werden. Unser Ziel muss sein, einen Dialogprozess mit allen Beteiligten zu führen, der dazu beiträgt, alte Verletzungen der Vergangenheit zu überwinden und einen guten gemeinsamen Weg für die Zukunft zu finden. Ich bin überzeugt, dass Ministerin Manja Schüle mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland und der Zentralwohlfahrtsstelle anerkannte Partner gefunden hat, die auch einen schwierigen Prozess moderieren können.

Der Entwurf des Berliner Architekten Jost Haberland sieht ein modernes Gebäude vor. Es soll ein offenes Haus werden, ein religiöser und kultureller Treffpunkt im Zentrum der Stadt, mit einem Café im Erdgeschoss, einem Gebetsraum im ersten Stock und einer Dachterrasse zum Feiern.

Denn die Potsdamer Synagoge muss ein Ort sein für alle Jüdinnen und Juden.

Ein Ort, an dem gebetet, diskutiert und eben auch gefeiert werden kann. Ein Ort, der für alle offen ist und der mit dazu beiträgt, jüdisches Leben in Potsdam wieder alltäglich und sichtbar zu machen!

Dann wird es vielleicht auch bald möglich, dass solche interessierten Schülerinnen und Schüler in der Synagoge das morgige jüdische Purimfest kennenlernen können. Ein fröhliches Fest, an dem Jüdinnen und Juden ihre Einheit und die Überwindung aller Widrigkeiten feiern, mit gutem Essen und Trinken und Kindern, die sich verkleiden.

Insofern bin ich außerordentlich froh über das breite Bündnis für den heutigen Landtagsbeschluss, der uns dieser versöhnlichen Vision ein Stück näherbringen wird.