Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der FDP-Fraktion könnte fast von uns sein. Er entwickelt die Forderung der erfolgreichen Volksinitiative „Kein Busgeld“ weiter. GRÜNE/B90 haben diese Volksinitiative im Februar 2007 gemeinsam mit vielen anderen aus der Taufe gehoben. Wir halten Schülerbeförderung für eine originäre Landesaufgabe.
Die Kommunen sollten die Kosten dafür erstattet bekommen. Erst nach dem massiven öffentlichen Druck der Volksinitiative steht es heute Landkreisen und kreisfreien Städten frei, inwieweit sie Eltern an den Kosten der Schülerbeförderung beteiligen. Schülerbeförderung sollte aber - wie der Schulbesuch - in der Verantwortung des Landes liegen. Der Weg zur Schule ist nicht privat, sondern durch die Schulpflicht begründet. Wenn wir Bildungschancen gerecht verteilen wollen, darf es keine Rolle spielen, ob Kinder im ländlichen Raum oder in der Stadt aufwachsen. Zugang zu Schulbildung darf nicht durch finanzielle Hürden beschränkt werden. Aber in den meisten Landkreisen werden Eltern nach wie vor an den Fahrtkosten zur Schule beteiligt. In den Landkreisen Barnim, Prignitz und Teltow-Fläming ist die Beförderung für alle anspruchsberechtigten Schülerinnen und Schüler kostenfrei,
(Frau Wehlan [DIE LINKE]: Genau!)
in den Landkreisen Uckermark, Oberhavel und Havelland werden dagegen sogar von ALG-II-Empfängern Beiträge erhoben. Jetzt will die Landesregierung ab September Sozialstandards für die Unterstützung der Kreise bei der Schülerbeförderung einführen.
Es bleibt das Fazit: Es gibt in Brandenburg keine einheitlichen Regelungen, und so werden Kinder in bestimmten ländlichen Regionen gegenüber anderen beim Zugang zu Schulbildung benachteiligt. Wir sprechen uns deshalb für die Übernahme der Kosten durch das Land aus. Diese wurden im Jahr 2002 - das wurde bereits erwähnt -, als die Schülerfahrtkosten noch durch das Land getragen wurden, mit 20,5 Millionen Euro veranschlagt. Angesichts dessen, dass die ÖPNV-Zuschläge nun um 35 Millionen Euro gesunken sind, halten wir diese Forderung nicht für überzogen.
Um die Benachteiligung im ländlichen Raum zu veranschaulichen, möchte ich die Worte einer betroffenen Mutter aus der Anhörung der Volksinitiative im Februar 2008 im Brandenburger Landtag zitieren:
„Die Kostenbeteiligung der Eltern führt dazu, dass manche Eltern sich schon jetzt sehr überlegen, ob sie ihre Kinder in die bestmögliche, aber 30 Kilometer entfernte Schule schicken - zum Beispiel in eine Ganztagsschule, eine Schule mit besonderer Prägung oder ein Gymnasium -, oder ob sie sich das sparen und die Kinder in die 14 Kilometer entfernte Schule gehen müssen.“
Familien auf dem Land haben bereits eine Reihe wirtschaftlicher Nachteile zu verkraften. Die weitere Erhebung von Elternbeiträgen führt auch dazu, dass sich immer mehr Eltern überlegen, ob sie auf das Land ziehen. Für junge Familien wird das Leben auf dem Land immer unattraktiver. Die Folgen sind bekannt: Weitere Schulen werden mangels Schülerinnen und Schülern schließen müssen. Das Schulsterben - auch das wissen wir alle - zieht die andere Infrastruktur nach sich. Der Schülerverkehr hält doch mittlerweile als einziger Faktor den öffentlichen Nahverkehr in vielen Regionen Brandenburgs aufrecht.
Die Fraktion DIE LINKE hatte die Volksinitiative damals als ersten Schritt zum eigentlichen Ziel der elternbeitragsfreien Schülerbeförderung erklärt.
(Görke [DIE LINKE]: Genau!)
Ich hoffe deshalb, dass Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Linken, diesen Antrag unterstützen.
(Görke [DIE LINKE]: Das können wir leider nicht! Sie müssen die Hausnummer bei den Finanzen hineinschreiben!)
- Das hätten Sie vorher auch gekonnt. Ich zitiere einen Appell aus der Landtagsrede von Kerstin Kaiser vom 17. September 2008:
(Görke [DIE LINKE]: Wir haben im Haushalt immer Vorschläge gemacht!)
„Es ist inzwischen so, dass wir Landkreise haben, die finanzstark sind, die die kostenfreie Schülerbeförderung, das kostenfreie letzte Kita-Jahr bzw. kostenloses Mittagessen garantieren. Andere können das nicht, würden es aber gerne tun. Damit ist für meine Begriffe bei der kommunalen Selbstverwaltung die Verfassungsmäßigkeit im Land nicht mehr gegeben;“
(Görke [DIE LINKE]: Das sagen Sie!)
„denn es gibt keine Chancengleichheit mehr in diesem Land. Dafür werden Sie verantwortlich gemacht. Sie sind in der Verantwortung.“
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Linken, das geht jetzt an Ihre Adresse.
(Beifall GRÜNE/B90)