Sehr geehrte Frau Prof. Heppener! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich sehr, als erste bündnisgrüne Abgeordnete nach 15 Jahren unfreiwillig-außerparlamentarischer Opposition hier heute vor Ihnen meine bzw. unsere "Einstandsrede" halten zu dürfen - noch dazu zu einem Thema, das uns so sehr am Herzen liegt, nämlich Transparenz und Respekt vor Meinungsvielfalt. Transparenz herzustellen ist ja zunächst nur eine Frage der technischen Umsetzung politischen Handelns. Warum ist Transparenz so wichtig? Wir leben in einem Land, in dem ein schwindendes Vertrauen in das politische System und sinkende Wahlbeteiligung zu beobachten sind. Das liegt auch daran, dass politisches Handeln für die Bürgerinnen und Bürger schwer wahrnehmbar geworden und schwer nachzuvollziehen ist. Ich habe in den letzten Jahren und insbesondere im Wahlkampf die Erfahrung gemacht, dass man häufig auf Menschen trifft, die politisch engagiert sind und dennoch Parteien ausgrenzen wollen. Parteien wollen sie nicht dabei haben. Ich erkenne darin eine Unterzeile: Redliches politisches Engagement, ja! Aber Parteien haben damit nichts zu tun! - Ich muss sagen, das erschreckt mich immer wieder sehr. Denn es ist der verfassungsmäßige Auftrag der Parteien, bei der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken.
Ich denke, die Entwicklung, dass das Vertrauen in das demokratische System nicht so groß ist, wie wir es uns wünschten, hat verschiedene Ursachen. Wir als Abgeordnete können eine aktivere Rolle dabei spielen, dies zu ändern. Transparenz verringert den wahrgenommenen Abstand zur Politik und macht deutlich, warum wir was wollen. Öffentliche Ausschusssitzungen bieten Interessierten die Möglichkeit, die Genese politischer Entscheidungen nachzuvollziehen. Die Menschen sollen erfahren dürfen, wie aus Wahlkampfäußerungen politische Entscheidungen werden. Darüber hinaus bieten öffentliche Ausschusssitzungen auch die Möglichkeit, die politische Debatte zu entzerren. Die Bürger sähen nicht nur allmonatlich eine Plenarsitzung, in der eine Fülle von politischen Themen zusammengeballt behandelt wird, sondern es gäbe die Möglichkeit, in bestimmten Abständen kleinteiliger über einzelne politische Inhalte zu berichten. Zum Thema zweiter Vizepräsident: Wir unterstützen den Antrag auf einen zweiten Vizepräsidenten, aber wir sagen deutlich: Wir hätten uns eigentlich etwas anderes gewünscht, nämlich dass der Vizepräsident - wie in vielen Bundesländern üblich - aus der stärksten Oppositionsfraktion kommt. Dabei geht es natürlich nicht um messbare Privilegien wie Dienstwagen oder dergleichen, sondern es geht um ein politisches Symbol: dass die Opposition gewürdigt wird.
(Beifall GRÜNE/B90 und CDU)
Wir als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen dafür, eine Vielzahl von Meinungen transparent zu machen und diese als Chance für unser Land zu begreifen, und zwar nicht nur in Gut-Wetter- Zeiten, sondern gerade in Zeiten, in denen unpopuläre Entscheidungen bevorstehen. Lassen Sie uns diesen Schritt gemeinsam gehen! Gestern Abend sind wir von der Landespressekonferenz ins Exploratorium eingeladen worden. Dort werden physikalische Zusammenhänge erklärt, zum Beispiel: Warum ist der Himmel blau? Sind das Kinderspielchen für Erwachsene? - Nein. Die Einladung hatte einen guten Hintergedanken: Wir Abgeordneten sind auch dafür da, Entscheidungen transparent zu machen. Wir müssen Zusammenhänge erklären. Wir müssen den Menschen erklären, warum sich die Farben des politischen Himmels manchmal verändern, und wir müssen ihnen erklären, wie die Wolken entstehen, die den Himmel mitunter verdunkeln. Lassen Sie uns diesen Ball aufgreifen! Lassen Sie uns unterschiedlicher Meinung sein, und lassen Sie uns dabei Respekt voreinander haben! Lassen Sie uns ernsthafte und sachliche Debatten führen, aber so, dass die Bürgerinnen und Bürger daran teilhaben können. Lassen Sie uns die Details im Hauptausschuss verhandeln, und lassen Sie es uns dann öffentlich machen!