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Sabine Niels spricht zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Angleichung des Richterrechts in den Ländern Berlin und Brandenburg

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- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da ich nach wie vor regelmäßig von Optimismus heimgesucht werde und dies bereits mehr als ein Jahr herumtrage, hatte ich erwartet, dass wir einen Entwurf des Richtergesetzes bekommen, der von der Idee der Autonomie, der Selbstverwaltung der Justiz getragen ist; denn Minister Dr. Schöneburg hatte dies im Rechtsausschuss immer als eines seiner Ziele betont.

Was mich sehr getröstet hat, ist, dass der Kollege Alwin Ziel, Abgeordneter der SPD, sagte: „Bei aller Kritik" - ich zitiere Herrn Ziel heute - „die jetzt auch vielleicht noch angebracht sein mag", und dann sprach er weiter zum Gesetz. Die Kritik ist also hinreichend bekannt, die an dem jetzigen Gesetzentwurf vorgetragen wurde, und Herr Minister Dr. Schöneburg hatte angekündigt, dass es sehr wohl Diskussionen dazu geben kann. Sie hatten nicht deutlich gesagt, dass es eventuell Änderungen gebe, die wir beschließen. Doch da ich weiterhin von Optimismus getragen bin, hoffe ich, dass es dazu kommt.

Warum? Ich beginne mit der Kritik. Der Richterwahlausschuss, dies wurde hier noch einmal gesagt, hat die Aufgabe, seine Wahl für bestimmte Personalentscheidungen durchzuführen. Warum müssen es eigentlich Zweidrittelmehrheiten sein? Ich sage: Zweidrittelmehrheiten müssen es sein, damit es tatsächlich um eine Legitimation dieses Handelns geht, nicht nur im ersten Wahlgang, sondern auch im zweiten. Denn die entscheidende Veränderung für Brandenburg im jetzigen Gesetz ist doch die, dass im zweiten Wahlgang mit einer einfachen Mehrheit eine Personalentscheidung getroffen werden kann.

Da fragen wir uns als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wozu der Richterwahlausschuss dann eigentlich da ist und welche Funktion er hat; denn es ist nicht so wie in Schleswig-Holstein. Dort bekommt der Richterwahlausschuss mehrere Vorschläge für Personalien. Hier ist es so: Es gibt einen einzigen Vorschlag vom Ministerium bzw. von der Senatorin in Berlin, und dem hat der Richterwahlausschuss zuzustimmen oder ihn abzulehnen. Im zweiten Wahlgang ist meines Erachtens immer noch eine Zweidrittelmehrheit nötig.

(Einzelbeifall GRÜNE/B90)

Wir scheuen uns überhaupt nicht, uns darüber zu unterhalten, dass wir in Brandenburg langfristig die Verfassung ändern können, sodass also nicht zwei Drittel Abgeordnete im Richterwahlausschuss sitzen müssen. Mir ist es nach wie vor überhaupt nicht erklärbar, warum das Abgeordnete sein müssen.

(Holzschuher [SPD]: Das hat mit dem Demokratieprinzip zu tun. Es geht um die Demokratielegitimation!)

- Ich finde es vollkommen richtig, dass wir uns dabei an Berlin anschließen können. Berlin ist ebenfalls ein demokratisches Bundesland, Herr Holzschuher, und es hat diese Regelung bereits sehr lange - ich finde sie nicht falsch -, dass man als Fraktion einfach jemanden benennen kann, den man für sachkundig hält und der Mitglied im Richterwahlausschuss ist.

Die Kritik der Mitbestimmungs- und Beteiligungsregelungen für die Richter, die aus dem Richterbund kommen, bezieht sich darauf, dass gesagt wurde: Im Grunde genommen hatten wir in Brandenburg - Sie hatten es schon ausgeführt - verschiedene Historien der Gesetze, ein sehr innovatives, ein sehr fortschrittliches Gesetz, und ich verstehe nicht, warum wir uns auf Siebzigerjahre-Niveau Berlin absenken. Dies wird ebenfalls noch in der Anhörung zu klären sein.

Ich möchte noch etwas zu den Dienstgerichten sagen. Heute wurde - Herr Dr. Schöneburg, vielleicht können Sie das ergänzen - von Ihnen nicht vorgetragen, warum die Ansiedlung der Dienstgerichte in der Verwaltungsgerichtsbarkeit irgendwie innovativ sein sollen. Ich habe nichts dagegen, dass wir als Bundesland mit einer Variante voranschreiten, die einen Leuchtturm darstellt. Aber als wir in der gemeinsamen Sitzung nachgefragt haben, hat Frau von der Aue nur den einzigen Grund genannt, und zwar den Amtsermittlungsgrundsatz, der für die Verwaltungsgerichtsbarkeit gelten würde. Allerdings ist es so, dass auch das Strafrecht dem Amtsermittlungsgrundsatz unterliegt und zur ordentlichen Gerichtsbarkeit gehört und damit dieser eine Grund, der uns zu Ohren gekommen ist, deutlich verfehlt ist.

Diesmal am Ende, um einen runden Abschluss zu finden, das Lob. Das Lob sieht so aus, dass auch wir als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN es sehr begrüßen, dass die Richterinnen und Richter nach Beurlaubung und Teilzeitbeschäftigung an ihre alte Dienststelle zurückkehren können.

Die kleine Kritik nebenbei: Warum sind keine unterhälftigen Teilzeitbeschäftigungen möglich? Sie hatten gesagt, dass wir sehr familienfreundlich sind. Mir und der gesamten Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist überhaupt nicht erklärbar, warum es nicht möglich sein kann, auch zehn Stunden in der Woche als Richterin oder Richter tätig zu sein. Das wäre doch mal innovativ für Familien, und es wäre für Brandenburg machbar, auch deshalb, weil wir ohnehin in der jetzigen Phase zwei Gesetze in Berlin und Brandenburg verabschieden werden, die sich an diesen und jenen Stellen unterscheiden, und dabei, finde ich, sollte Brandenburg doch mit Familienfreundlichkeit voranschreiten und an dieser kleinen Schraube auf jeden Fall noch eine Veränderung schaffen, wenn ich auch sagen muss, dass die Evaluation in puncto Autonomie der Justiz und die eventuelle Verfassungsänderung ein langfristiges Ziel ist, das ich erwähnt hatte, und nicht etwa ein kurzfristiges. Ich bin ebenfalls sehr dafür, dass wir nach sechs Jahren zu einem Abschluss dieses ganzen Prozesses kommen. - Danke schön.

(Beifall GRÜNE/B90 und des Abgeordneten Burkardt [CDU])