Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Werte Gäste!
Mein erster Satz war ursprünglich: Ich weiß, dass die Geschäftsordnung des Landtags kein superspannendes Thema ist. - Den haben mir die Kolleginnen und Kollegen von der AfD jetzt leider kaputtgemacht, indem sie hier eine aufgebauschte Debatte geführt haben. Ich möchte kurz darauf eingehen. Sie sagen hier, dass wir Rechte beschränken, wenn wir zum Beispiel die Zahl der Kurzinterventionen auf zwei pro Fraktion reduzieren. Wissen Sie, warum wir das machen? Weil dieses Mittel hier regelmäßig von Ihnen missbraucht worden ist. Deswegen haben wir uns zusammengesetzt, und zwar alle Fraktionen, und alle Fraktionen außer Ihnen tragen das auch mit. Auch die anderen Oppositionsfraktionen tragen das mit: denn die wollen hier eine vernünftige Debatte führen und keine vorgefertigten Redebeiträge hören, die Sie einfach noch mit hineinschieben.
Kommen wir zur Geschäftsordnung des Landtags. Die ist nämlich, wie wir gerade festgestellt haben, gar nicht so langweilig, sondern sie bietet viele Ansatzpunkte, um die Politik für die Bürgerinnen und Bürger transparenter zu machen und eine bessere Beteiligung verschiedener Bevölkerungsgruppen zu ermöglichen. Erstens war es uns Bündnisgrünen wichtig, dass das Thema Open Data vorangebracht wird: dass alle Daten, die den Bürgerinnen und Bürgern zur Information zur Verfügung gestellt werden können, möglichst leicht zugänglich sind. Open Data wird nun in der Geschäftsordnung verankert. Das ist ein erster Schritt und zeigt, dass der Landtag es mit Open Data ernst meint. Das ist eine Einladung und ein Versprechen an alle Menschen im Land: Es ist euer Landtag. Es ist eure Chance auf digitale Teilhabe.
- Die beginnt beim freien Zugang und dem Recht auf freie Nachnutzung der Inhalte. Wir tun also gut daran, diesen Passus in der Geschäftsordnung zeitnah mit Leben zu erfüllen.
Zweitens. Auch der Livestream der Landtagssitzungen ist ein hervorragendes und gleichzeitig niedrigschwelliges Instrument für mehr Transparenz. Er wird nun in der Geschäftsordnung verankert.
Bisher hat der Landtag ihn erprobt und praktiziert. Nun verpflichten wir uns dazu. Leider - da muss ich jetzt ein wenig widersprechen - ist es noch nicht gelungen, das auch für alle Ausschüsse verpflichtend zu
machen. Es wird zwar schon häufig praktiziert, aber der nächste Schritt müsste sein, dies auch zu verankern. Ich glaube, Corona hat uns das gezeigt. Da konnten wir Erfahrungen mit neuen, digitalen
Formaten sammeln.
Drittens wird auch der Einsatz des Gebärdendolmetschens ausgeweitet, und zwar auf die Beratung aller Tagesordnungspunkte, die von den Fraktionen mit Priorität versehen wurden, auf Regierungserklärungen,
Aktuelle Stunden, Fragestunden und auf Themen, die Belange von Menschen mit Behinderungen berühren. Es wäre uns noch wichtig gewesen, dass wir das zügig ausbauen. Aber wir sind jetzt einen großen Schritt vorangekommen.
Viertens ermöglichen wir über eine Experimentierklausel eine Konsensliste, also eine Liste, auf der Tagesordnungspunkte gesammelt werden können, bei denen es Einigkeit unter den Fraktionen
gibt. Das wollen wir jetzt im Präsidium erproben.
Fünftens stärken wir das Lobbyregister. Das Register, das alle Verbände transparent auflistet, die im Parlament angehört werden, soll nun regelmäßig aktualisiert werden, und dabei bleiben auch inaktive Verbände verzeichnet, um später immer nachvollziehen zu können, welche Verbände sich in politische Prozesse eingebracht haben.
Sechstens leisten wir auch einen Beitrag zu einem vielfältigen und familienfreundlichen Parlament; denn noch immer sitzen weniger Frauen als Männer im Landtag. Ihr Anteil ist seit der letzten Wahl sogar wieder gesunken. Für Menschen mit kleinen Kindern ist es besonders schwierig, ein solches politisches Amt wahrzunehmen. Es ist aber wichtig, dass die Perspektiven und Probleme von jungen Eltern, insbesondere von jungen Frauen, im Landtag zur Sprache kommen können. Daher haben wir eine Reihe von Maßnahmen aufgenommen, die die Landtagsarbeit
familienfreundlicher machen werden.
Zu guter Letzt stärken wir auch die geschlechtergerechte Sprache in unseren Landtagsdokumenten. Damit schaffen wir klare und unmissverständliche Formulierungen, die alle einbeziehen. Das ist wichtig, weil Gesetze und Anträge von einer Vielzahl von Menschen gelesen werden und somit Vorbildcharakter haben.
Liebe Abgeordnete, wir sollten es nicht bei geschlechtergerechtem Schreiben belassen. Wir können im Parlament auch darauf achten, wie wir sprechen. Das ist manchmal einfacher als gedacht. Lassen Sie uns doch statt von der „Rednerliste“ und dem „Rednerpult“ einfach von der „Redeliste“ und dem „Redepult“ sprechen. Das ist nicht einmal länger, und es verfestigt nicht das Bild in unseren Köpfen, dass hier vorne noch immer häufiger Männer als Frauen stehen.