- Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Abgeordnete, liebe Gäste, liebe Bildungsinteressierte
Der Untertitel des Linken Antrags, „Blinden Aktionismus beenden“, hat mich schon ein bisschen erstaunt. Blinden Aktionismus kann ich im Handeln der Bildungsministerin tatsächlich nicht erkennen. Vielmehr sehe ich hier den Versuch, dem dramatischen Lehrkräftemangel mit planvollem Verwaltungshandeln zu begegnen.
Allerdings gibt es unbestreitbar Kommunikationsprobleme. Die Stimmung bei den Lehrkräften, Eltern und Schüler*innen ist aufgeheizt. Dies zeigte die Personalversammlung in Cottbus und uns erreichen viele Protestschreiben. Gerüchte über eine mögliche Erhöhung der Pflichtstundenzahl machen die Runde. Dabei ist dies ausdrücklich nicht geplant. Darauf hat bereits der Kollege Gordon Hoffmann hingewiesen.
Dass uns Lehrkräfte fehlen, ist wohl unbestritten. Der Markt für Quereinsteiger*innen ist inzwischen auch leergefegt. In anderen Bundesländern sieht die Situation ähnlich desolat aus.
So sehr ich mir das auch wünschen würde: Auch mit der tollsten Werbekampagne besteht daher kaum Hoffnung, dass es gelingen wird, zum neuen Schuljahr die mindestens benötigten 1800 Stellen zu besetzen.
Schon jetzt verteilen sich Lehrkräfte sehr ungleich über die Schulformen und über das Land. Das ist eine große Ungerechtigkeit und sorgt nicht für gleichwertige Bildungschancen.
Nun hat die Bildungsministerin sich das Ziel gesetzt, dafür Sorge zu tragen, dass an allen Schulen im Land der Unterricht der Stundentafel vollumfänglich erteilt werden kann.
Denn es ist damit zu rechnen, dass besonders in berlinferneren Regionen Stellen nicht besetzt werden können. Sie will die Verteilung der Lehrkräfte nicht allein dem Zufall zu überlassen.
Es ist richtig, dass für die Stellen, die nicht besetzt werden können, Ersatz geschaffen wird. 200 Stellen für Schulassistenz und Schulsozialarbeit sollen im Gegenzug an die Schulen kommen. Wenn diese Stellen in Teilzeit besetzt würden, könnten bis zu 400 Schulen mit zusätzlichem Personal ausgestattet werden, für Verwaltung und Organisation, aber auch für Betreuungsaufgaben.
Es war mehr als unglücklich, dass die Pläne des Bildungsministeriums die Schulen erreichten, bevor überhaupt klar war, mit wie vielen Stellenanteilen die einzelnen Schulen betroffen sein würden.
Ich muss zugeben: Ich habe eine ganze Weile gebraucht, um den komplizierten Mechanismus der Kürzung von Stellenanteilen an den Schulen zu verstehen.
Ich finde es auch sehr schwierig, dass die Stellenanteile hauptsächlich da wegfallen sollen, wo neue Wege des Lernens gegangen werden und wo die Kinder sind, die am meisten Unterstützung brauchen: An Grund-, Ober- und Förderschulen, Schulen für gemeinsames Lernen, Schulzentren, Ganztag und Flexklassen.
Diese Pläne sorgen verständlicherweise für sehr viel Unruhe.
Es gab zwar inzwischen die Klarstellung, dass pro Schule maximal 1,5 Stellenanteile wegfallen.
Aber ich tue mich, wie meine Kollegin Katja Poschmann, schwer bei dem Gedanken, dass eine Stelle für Inklusion an einer Schule wegfallen könnte, um an einer anderen eine Stelle für Sozialarbeit zu schaffen. Dies muss im Rahmen der Verteilung der umgewidmeten Stellen unbedingt vermieden werden.
Und mein weiterer Vorschlag wäre, auch die Gymnasien in den Blick zu nehmen und da besonders auf die Abminderungsstunden für Verwaltungstätigkeiten wie die Stundenpläne und Vertretungen zu schauen. Denn gerade solche Verwaltungstätigkeiten könnten gut von Schulassistenzen erledigt werden.
Es muss auch dringend geklärt werden, wie dann die Schulassistenzen auf die Schulen verteilt werden. Ebenso braucht es Klarheit über die Ausgestaltung der Multiprofessionellen Teams. Sie sollen ja noch zusätzlich in die Schulen kommen.
Und wir brauchen dringend das Startchancenprogramm des Bundes, um Schulen in herausfordernden Lagen besonders zu unterstützen.
Wir stehen alle gemeinsam vor dem Dilemma, dass es zur Behebung des Lehrkräftemangels keine schnellen Lösungen gibt. Ich habe meine Zweifel, ob der Vorschlag der Linksfraktion gerechter wäre. Er löst das Problem der fehlenden Fachkräfte im ländlichen Raum auch nicht.
Wir werden uns, das hat Katja Poschmann vorhin erklärt, die Auswirkungen der Pläne sehr genau anschauen und gegebenenfalls nachsteuern.