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Ursula Nonnemacher spricht zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes

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- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Anrede!

Am 30.8. letzten Jahres, also vor nicht einmal 8 Monaten haben wir uns hier mit einem Gesetzentwurf der CDU zur Einführung von Musterverfahren im Kommunalabgabengesetz beschäftigt. 1314 Drucksachennummern später liegt uns nun wieder ein fast identischer Gesetzentwurf vor.
Beim Vergleich beider Vorlagen ist festzustellen, dass der neue Entwurf etwas schlanker ist und auf einige Detailregelungen verzichtet wird. In der Substanz aber bleibt das Ziel gleich.

Inhaltlich kann ich nur wiederholen:
Es ist grundsätzlich ein schwieriges Unterfangen sinnvolle Musterfälle auszuwählen, die inhaltlich oder vom Beitragsbetrag her vergleichbar sind. Es wird sich immer die Frage stellen, ob dann Ungleiches gleich behandelt wird. Hier stellt sich doch die Gerechtigkeitsfrage, auf die Sie keine Antwort geben.
Auf die Folgen für die Kommunen und Zweckverbände gehen die Antragsteller nicht ein. Diese können gravierend sein, wenn das Widerspruchsverfahren bis zu einem letztinstanzlichen Urteil beim EuGH ruht und bis dahin auch keine Beitragseinnahmen fließen.
Letztendlich – und Sie sprechen das in der Vorlage ja auch direkt an - geht es Ihnen um das Thema Altanschließer, das ja seit der Veröffentlichung eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts zu einem Fall in Bayern wieder aktuell ist und zu hektischer Betriebsamkeit führt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
damit sind wir bei der Frage, die uns alle bewegt: Wie bewerten wir die Übertragbarkeit des aktuellen Bundesverfassungsgerichtsurteils und wie gehen wir mit der dort aufgeworfenen Frage der Verjährung um. Wir erleben die Situation, dass die großen Interessenverbände der Wohnungsunternehmen und der Grundstückseigentümer wieder Hoffnung schöpfen, keine Beiträge zahlen zu müssen, nachdem das Landesverfassungsgericht mit seinem Urteil vom 21.9.2012 eigentlich für eine rechtliche Klarstellung gesorgt hatte. Es hatte - wir erinnern uns – die Brandenburger Regelung zur Heranziehung von sogenannten Altanschließern zur Beitragserhebung einstimmig für rechtsmäßig erklärt.
Für diesen Themenkomplex wird es keine einfachen Lösungen geben. Wir stehen kurz davor, dem scheinbar endlosen Drama einen weiteren Akt hinzuzufügen.
Linke und FDP wollen in seltener Einheit das Jahr 2004 als starre Grenze für die Beitragserhebung einführen, im Innenministerium denkt man offensichtlich über sehr viel längere Fristen nach. Fakt ist, dass wir über Kosten reden, die angefallen sind und die finanziert werden müssen. Irgendjemand muss sie bezahlen. Diese Situation ist für KommunalpolitikerInnen nicht unbekannt. Der heilige St. Florian ist jedem der liebste Schutzheilige.

Ich warne davor, eine gesetzliche Regelung zu ersinnen, die die Forderungen der Verbände gegenüber den Beitragspflichtigen mit einem Schlag verjähren lässt. Dann platzt die gesamte bereits fest stehende Aufwandsverteilung. Es entstände nicht nur eine riesige Lücke in den Bilanzen der Verbände. Auch das höchstrichterlich immer wieder bestätigte Gleichheitsgebot allen Grundstückseigentümern gegenüber würde verletzt. Denn es geht doch gerade nicht um alte Hausanschlüsse, es geht um die nach 1990 im Sinne der Allgemeinheit getätigte Investitionen in die kommunale Daseinsvorsorge. Die Altanschließerproblematik ist eine Altanliegerproblematik!

Weitere Klagen und Verfahren sind dann absehbar und die Aufgabenträger würden in einer Zwickmühle gegensätzlicher Anforderungen gefangen, an der sie zerbrechen können. Dann müsste das Land finanziell einspringen; der derzeitige Schuldenmanagementfonds könnte das nicht auffangen.
Bei einer reinen Gebührenumstellung würden die Lasten vor allem auf die Mieter und die wasserintensiven Gewerbebetriebe umverlagert – finden Sie dies etwa gerechter?

Meine Fraktion warnt deshalb vor Schnellschüssen und ist gespannt auf die Lösungsvorschläge des Innenministeriums, die wir intensiv mit Fachleuten diskutieren sollten. In diesem Kontext können wir gerne auch die Frage von Musterklagen behandeln. Insofern stimmen wir bei inhaltlichem Dissens der Überweisung des CDU-Antrags in den Innenausschuss zu.