Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Das Land Brandenburg hatte im Jahr 1990 2,58 Millionen Einwohner. Durch Wanderungsgewinne, vorwiegend aus Berlin, konnte die Bevölkerungszahl bis zum Jahr 2000 sogar leicht gesteigert werden - entgegen der Entwicklung in den anderen neuen Ländern. Erst ab 2001 ist eine kontinuierliche Abnahme der Bevölkerungszahl zu verzeichnen. Zum Stichtag 30.04.2013 lag nach der Bereinigung durch den Mikrozensus 2011 die Einwohnerzahl bei 2,45 Millionen. Ein deutliches und akzeleriertes Absinken wird erst in der Dekade zwischen 2020 und 2030 erwartet.
Das Brandenburgische Landeswahlgesetz teilt das Land in 44 Wahlkreise ein, die möglichst eine gleiche Bevölkerungszahl aufweisen und die örtlichen Verhältnisse ganzheitlich abbilden sollen. Die Zerschneidung von Gebieten, Ämtern und amtsfreien Gemeinden durch Wahlkreisgrenzen ist ausdrücklich nicht gewünscht.
Die Landesregierung ist nach § 15 Absatz 2 verpflichtet, dem Landtag spätestens 40 Monate nach Beginn einer Wahlperiode einen schriftlichen Bericht über die Veränderung der Bevölkerungszahlen in den Wahlkreisen vorzulegen. Darin werden relative und absolute Kriterien für einen Neuzuschnitt von Wahlkreisen aufgrund der Bevölkerungsentwicklung definiert. Dieser Bericht ging dem Landtag im Mai 2012 zu. Aufgrund erheblicher Abweichungen von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl wurden Anpassungen in den Wahlkreisen 18, 19 und 21 - das betraf Potsdam und Potsdam-Mittelmark - sowie in den Wahlkreisen 7 und 8 in Oberhavel vorgenommen. Weitere Anpassungen sind in mehreren Landkreisen im Südosten unseres Landes absehbar, vor allem im Wahlkreis 38, Oberspreewald-Lausitz I, wo es durch die demografische Entwicklung zur Unterschreitung kritischer Bevölkerungszahlen kommen wird. Ein Ausgleich wurde zur Wahl im September 2014 noch nicht empfohlen, auch, da eine Neuzuordnung wegen bestehender Gemeinde- und Kreisgrenzen problematisch ist.
Da sich das Land Brandenburg jetzt auf den Weg macht, eine Kommunal- und Kreisgebietsreform durchzuführen, ist auch eine Anpassung der Wahlkreise für die nächste Wahl im Herbst 2019 sinnvoll und zu erwarten. Ein demografisch bedingter Neuzuschnitt sollte sich dann auch an den neuen Gebietsgrenzen orientieren.
Der vorliegende Antrag, Herr Vida, ein Änderungsgesetz zum Landeswahlgesetz bis Mitte 2015 vorzulegen, macht deshalb überhaupt keinen Sinn. Keinen Sinn macht auch die Vorgabe, das Parlament von 88 auf 68 Sitze zu verkleinern. Das Land Brandenburg befindet sich mit seinen 88 Parlamentariern in einem bundesweit mittleren Bereich. Auch wenn sich meine Fraktion eine moderate Verkleinerung aufgrund der Bevölkerungsentwicklung vorstellen könnte, geben auch die Bevölkerungsprognosen einen solchen Einschnitt, wie hier gefordert, nicht her.
Warum wird ein offensichtlich unangemessener Antrag zur Unzeit, nämlich vor dem Abschluss der geplanten Kommunalreform, gestellt? Weil sich damit wohlfeil antidemokratische Reflexe bedienen lassen.
(Beifall B90/GRÜNE und SPD)
Starke Parlamente als Gesetzgeber und Kontrollorgan der Regierung gehören zu unserer parlamentarischen Demokratie. Wie schwierig es sein kann, in immer kleiner werdenden Parlamenten in hoher Qualität die Minderheitsrechte einer Oppositionsfraktion wahrzunehmen, davon können gerade wir Bündnisgrünen ein Lied singen. Auch kleine Oppositionsfraktionen sollen dazu beitragen, Regierungen zu kontrollieren und demokratischem Pluralismus Ausdruck zu verleihen. Mit zwei Abgeordneten, wie im Saarland, oder drei oder vier Abgeordneten ist
dies aber kaum in der gebotenen Qualität leistbar.
Überraschend ist auch, dass die politischen Kräfte, die gegen eine Kommunalreform unter anderem mit dem Argument der Bürgerferne Sturm laufen, gerne bereit sind, in der Peripherie unseres Landes sehr große Landtagswahlkreise entstehen zu lassen. Da wird bei der Anpassung an die demografische Entwicklung gern mal mit zweierlei Maß gemessen. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab.
(Beifall B90/GRÜNE und SPD)