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Ursula Nonnemacher spricht zum Gesetzentwurf der BVB / FREIE WÄHLER Gruppe „Gesetz zur Achtung des Pluralismus in Gemeinden und Kreisen - Entscheidung des Landesverfassungsgerichts vom 15.04.2011 respektieren“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede

Es war ein großer Erfolg der Landeshauptstadt Potsdam, als das Landesverfassungsgericht am 15.4.2011 die bis dahin geltende Festlegung zu Mindestfraktionsstärken in Gemeindevertretungen und Kreistagen für verfassungswidrig erklärt hat. Meine Fraktion hat diese Klage damals zusammen mit der da noch im Landtag vertretenen FDP-Fraktion unterstützt.

Wir haben die Mindestfraktionsstärken von 3 oder 4 Gemeindevertretern, die die Kommunalverfassung vorsah, auch politisch immer für den falschen Weg gehalten. Hohe Mindestfraktionsstärken führen dazu – wie die Freien Wähler zutreffend in ihrem Antrag ausführen - dass in kleinen Kreistagen eine Fraktion über mehr als neun Prozent der Sitze verfügen muss. Solch hohe Hürden gibt es weder auf Landes-, noch auf Bundes – oder Europaebene. Dass aber gerade auf kommunaler Ebene die Hürden am höchsten sind, leuchtet nicht ein. Gerade die Kommunalpolitik lebt von einer Vielzahl an Ansichten und den Aktivitäten kleinerer, vor Ort bekannter Wählervereinigungen. Warum in einer Kommune lediglich mindestens 4 Gemeindevertreterinnen das Recht haben sollen, eine Fraktion zu bilden, ist auch nie begründet worden. Genau das, nämlich „das Fehlen gewichtiger Gründe“ hat das Landesverfassungsgericht beanstandet.

Das Urteil war damit klar in seiner Aussage, dass der Landesgesetzgeber solch hohe Hürden ohne sachlichen Grund für Gemeindevertretungen nicht bestimmen darf. Unklar blieb jedoch auch nach dem Urteil, ob die Kommunen höhere Hürden festsetzen können. Hinsichtlich dieser konkreten Frage weist die Kommentarliteratur zutreffend auf die Widersprüchlichkeit des Urteils hin und sieht gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Davon scheint auch die Landesregierung auszugehen, wenn sie in ihrem Bericht zur Evaluierung der Landesverfassung von Februar 2012 davon spricht, dass hinsichtlich einer von den Kommunen selbst festzulegenden Mindeststärke das Urteil des Verfassungsgerichts keine konkreten Vorgaben enthalte und daher einen Vorschlag zur gesetzlichen Klarstellung unterbreitet.

Dass die kommunale Praxis aufgrund dieser Unsicherheiten unterschiedlich ist, verwundert vor diesem Hintergrund nicht. Wir finden es bedauernswert, dass derzeit in acht der vierzehn Kreistage nur mindestens vier Gemeindevertreterinnen eine Fraktion bilden können. Lediglich in drei Brandenburger Kreistagen können zwei Mitglieder eine Fraktion bilden. Deshalb teilen wir grundsätzlich das Anliegen der Gruppe der BVB/ Freie Wähler, an dieser Stelle die Regelungen in der Kommunalverfassung zu präzisieren. Auch wir halten die unterschiedlichen Regelungen in den Kreistagen zur Mindestfraktionsstärke für nicht nachvollziehbar. Wir teilen die Einschätzung, dass dies in vielen größeren Vertretungen zu einer erheblichen Einschränkung der Rechte für einen beachtlichen Teil der Mitglieder des Kreistages oder der Stadtverordnetenversammlung führt. Dies betrifft das Antragsrecht, genauso wie das Recht stimmberechtigte Mitglieder in Ausschüsse zu entsenden. Auch zur Abwehr von Extremisten taugt die Regelung nicht: Feinde der Demokratie können nicht durch Einschränkung demokratischer Rechte bekämpft werden.

In der vorliegenden Form ist der Vorschlag der Gruppe der BVB / Freie Wähler für uns aber nicht zustimmungsfähig. Wenn ein Zwanzigstel der gesetzlichen Gemeindevertreterinnen das Recht haben soll, eine Fraktion zu bilden, hat dies eben auch zur Folge, dass in kleinen Gemeindevertretungen mit beispielsweise 18 Gemeindevertreterinnen bereits ein Mitglied der Gemeindevertretung eine Fraktion bilden kann. Eine Fraktion besteht aber per Definition mindestens aus zwei Mitgliedern. Unser Änderungsantrag sieht daher vor, dass mindestens 2 Gemeindevertreterinnen das Recht haben sollen, eine Fraktion zu bilden. Zudem wird klargestellt, dass Kommunen dieses Recht nicht mehr in Frage stellen dürfen. Während es laut Landesverfassungsgericht für die Erhöhung der Mindestfraktionsstärke keinen sachlichen Grund gab, liegt jener für die Garantie einer Mindestfraktionsstärke auf der Hand:

Die Regel gewährleistet den Minderheitenschutz und stärkt damit die demokratische Mitbestimmung. Ein unzumutbarer Eingriff in das Bestreben der Gemeindevertretung, eine effiziente Arbeitsweise sicherzustellen, ist hingegen nicht dargetan.