- Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede!
Das Landesaufnahmeprogramm für syrische Geflüchtete ist ein wichtiges Instrument in der humanitären Verantwortung eines Bundeslandes. Indem es die Einreise syrischer Flüchtlinge durch humanitäre Visa ermöglicht, stellt es einen der wenigen Wege dar, der Syrerinnen und Syrern eine vergleichsweise sichere Einreise nach Deutschland eröffnet.
Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen fordern schon seit langem die Ausweitung humanitärer Visa. Presseberichte führen uns täglich die oft tödlich endenden Fluchtwege der Schutzsuchenden vor Augen. Menschen, die den lebensgefährlichen Weg auf sich nehmen, sind gezwungen, hohe Beträge an Schleuserinnen und Schleuser zu zahlen. Arme, Alte, Kranke und Kinder bleiben dabei oft zurück.
Der Handlungsspielraum der Landesregierung bei der Erteilung humanitärer Visa ist zwar gering, aber vorhanden. In § 23 Aufenthaltsgesetz wird sie ermächtigt, Menschen aus bestimmten Staaten aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
Brandenburg hat von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht und 2013 ein Landesaufnahmeprogramm erlassen. Seitdem sind 54 der hier lebenden knapp 3000 Syrerinnen und Syrer im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 1. Voraussetzung ist, dass der hier lebende Syrer in einer verwandtschaftlichen Beziehung zum Einreisenden steht und er oder ein hilfsbereiter Dritter für den Lebensunterhalt des nachziehenden Flüchtlings aufkommt. Das Landesaufnahmeprogramm für Brandenburg läuft am 30. September aus. Wir fordern daher gemeinsam die Landesregierung dazu auf, das Programm schnellstmöglich zu verlängern.
Zwar können in Brandenburg lebende syrische Flüchtlinge grundsätzlich auch ohne ein solches Programm Visa für ihre Familienangehörigen beantragen. Die klassische Familienzusammenführung erstreckt sich allerdings nur auf die Kernfamilie, also auf minderjährige Kinder und Ehegatten. Das Landesaufnahmeprogramm ermöglicht hingegen die Aufnahme weiterer Verwandter wie beispielsweise Eltern und Geschwister. Ein Zeitungsbericht aus der Süddeutschen Zeitung von vergangener Woche veranschaulicht diese Bedeutung:
In dem Bericht geht es um einen syrischen Studenten, der seit einem Jahr in Deutschland lebt und mittlerweile gut integriert bei einer Familie in Kleinmachnow untergekommen ist. Seine Eltern, sein Bruder und seine Schwester leben noch immer in Aleppo, täglich bangt er um ihr Leben. Einige deutsche Privatpersonen haben sich nun bereit erklärt, für den Lebensunterhalt der Familie aufzukommen- so wie es das Landesaufnahmeprogramm vorsieht. Die Genehmigung durch die Ausländerbehörde ist zu erwarten, das einzige, was fehlt, ist die Verlängerung des brandenburgischen Programms.
Das Beispiel des syrischen Flüchtlings aus Aleppo sowie die Tatsache, dass bisher lediglich 54 syrische Geflüchtete vom Brandenburger Aufnahmeprogramm profitieren konnten, machen deutlich, dass neben der Verlängerung des Programms aber auch eine Verbesserung erforderlich ist:
Erstens muss aus unserer Sicht die Stichtagsregelung, wonach syrische Flüchtlinge, die ihre Verwandten nach Brandenburg holen möchten, derzeit seit dem 1.Januar 2013 in Brandenburg leben müssen, dringend angepasst werden, um auch den erst seit kurzem in Brandenburg wohnhaften Syrerinnen und Syrern die Chance zu geben, das Landesaufnahmeprogramm zu nutzen.
Zweitens muss im künftigen Programm deutlich erkennbar festgeschrieben werden, dass die Möglichkeit der Abgabe einer sogenannten Verpflichtungserklärung durch Dritte besteht. Diese Möglichkeit sowie die konkreten Voraussetzungen sollten dann auch besser bekannt gemacht werden. Das gilt sowohl gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die die syrischen Flüchtlinge unterstützen wollen als auch gegenüber den Ausländerbehörden, die hier mit den Unterstützerinnen und Unterstützern kooperieren. Laut Antwort auf unsere Kleine Anfrage sagt die Landesregierung klar und deutlich, dass auch Dritte eine Verpflichtungserklärung abgeben können, um den bereits hier lebenden Syrerinnen und Syrern bei der Familienzusammenführung zu helfen. Äußerst kritisch sehe ich in diesem Zusammenhang eine Praxis, nach der nicht nur beim Verpflichtungsgeber, sondern auch noch beim Flüchtling gewisse Einkommensgrenzen verlangt werden. Ich fordere die Landesregierung daher auf, Klarheit über die Voraussetzungen des Aufnahmeprogramms zu schaffen und keine überhöhten Anforderungen an die Einkommenssituation ankommender Flüchtlinge zu stellen, wenn bereits Menschen zur Verfügung stehen, die für den Flüchtling bürgen.
Drittens wäre es aus unserer Sicht wünschenswert gewesen, wenn der Kreis der Verwandten aus Syrien, die vom Landesaufnahmeprogramm profitieren können, erweitert worden wäre. Auch, wenn wir uns mit dieser Forderung nicht durchsetzen konnten, freuen wir uns, dass wir mit so einer breiten Mehrheit einen Antrag zustande bringen konnten, der zumindest unserer Intention entspricht.
Auch freue ich mich, dass eine Überprüfung der Notwendigkeit des Fortbestandes der Verpflichtungserklärung mit in den Antrag aufgenommen wurde. Meine Fraktion hält die grenzenlose Haftung der Verpflichtungsgeberinnen und -geber auch nachdem der Flüchtling als solcher anerkannt wurde für höchst problematisch. Eine Abschaffung dieser Regelung sollte dringend überprüft werden. Wenn man sich hier zumindest auf eine zeitliche Begrenzung der Haftung verständigen könnte, wäre das doch schon ein Fortschritt.
Insgesamt finde ich es ein gutes Signal, auch an die engagierten Unterstützerinnen und Unterstützer, die den in Brandenburg lebenden Syrerinnen und Syrern jetzt helfen wollen, dass sich eine breite Mehrheit des Parlaments kurz vor Ablauf des Landesaufnahmeprogramms auf eine Verlängerung und Verbesserung des Programms einigen konnte.