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Ursula Nonnemacher spricht zum Antrag der AfD-Fraktion „Vollzug der Abschiebung auf Landesebene“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Die AfD fordert die Landesregierung dazu auf, die Zuständigkeit für den Vollzug der Abschiebung von den Kommunen auf das Land zu übertragen. Sie begründet ihren Antrag damit, dass die Landkreise und kreisfreien Städte mit dieser Aufgabe überfordert seien. Den Antrag lehnt meine Fraktion ab.

Die AfD scheint immer noch nicht verstanden zu haben, dass einer Abschiebung oft rechtliche oder tatsächliche Vollzugshindernisse entgegen stehen, wie zum Beispiel eine Bindung an minderjährige Kinder, Reiseunfähigkeit, fehlende Papiere oder unterbrochene Verkehrswege. Eine Übertragung der Zuständigkeit des Abschiebevollzugs auf die Landesebene würde am Bestehen dieser Vollzugshindernisse nichts ändern.

Grundsätzlich sind Abschiebungen aus unserer Sicht auch nicht als Erfolg oder erstrebenswertes Ziel anzusehen, sondern sollten stets ultima ratio sein. Das haben wir bereits in unserem Antrag „Spielräume nutzen, Bundesgesetze menschenrechtsorientiert umsetzen!“ gefordert. Die Landesregierung sollte weiterhin auf die freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen setzen. Abgesehen davon, dass der Vorrang der freiwilligen Ausreise in §§ 58, 59 Aufenthaltsgesetz und in Artikel 7 der EU- Rückführungsrichtlinie gesetzlich vorgeschrieben ist, ist dieser Weg auch deutlich humaner für geflüchtete Menschen, weniger traumatisch für Kinder und auch günstiger für die Kommunen. Andere Länder wie zum Beispiel Rheinland- Pfalz und Baden- Württemberg setzen auf diese Praxis und sind damit erfolgreich. So gab es beispielsweise in Rheinland- Pfalz allein bis Ende August 2015 insgesamt 1.798 geförderte und 624 nicht geförderte freiwillige Ausreisen und nur 274 Abschiebungen. Auch in Brandenburg überwiegt die Anzahl der freiwilligen RückkehrerInnen: So wurden im Jahr 2015 insgesamt 780 ausreisepflichtige Personen abgeschoben oder überstellt, fast doppelt so viele, nämlich 1.536 Menschen haben das Land freiwillig und gefördert verlassen.

Damit Geflüchtete aber auch in die Lage versetzt werden können, ihre Rechte und Pflichten bei drohenden Abschiebungen überhaupt zu verstehen, fordern wir eine gut ausgestattete, unabhängige Verfahrensberatung in der Erstaufnahme. In NRW gibt es sie bereits. Die Gesetzesänderungen durch das Asylpaket 2, das sogenannte beschleunigte Verfahren – ähnlich wie Flughafenverfahren für bestimmte Flüchtlinge vorsieht, machen sie zudem erforderlich. Denn nach der EU- Verfahrensrichtlinie ist für solche Verfahren eine unentgeltliche Rechtsberatung zu gewährleisten. Ich bedauere es, dass unser Haushaltsänderungsantrag für eine unabhängige Verfahrensberatung, die neben Asylverfahrens- auch eine Rückkehrberatung hätte durchführen können, abgelehnt wurde.

Auch mir ist klar, dass eine freiwillige Rückkehr wahrscheinlich in den wenigsten Fällen eine vollkommen freiwillige Entscheidung ist. Schließlich haben sich Menschen in der Regel nicht auf den Weg nach Deutschland gemacht, um das Land dann wieder zu verlassen. Meine Fraktion fordert daher, dass die Landesregierung im Sinne einer landesweit einheitlichen und gerechten Praxis darauf hinwirkt, dass zumindest vor jeder Abschiebung oder freiwilligen Ausreise die Ausländerbehörden prüfen, ob Spielräume bestehen, die einen legalen Aufenthalt ermöglichen würden. Der damals viel diskutierte Fall des Co – Trainers von Welcome United 03 lässt mich nämlich daran zweifeln.

Dieser, der seit 2010 gut integriert mit seiner Familie in Potsdam lebt, sollte abgeschoben werden - weil er aus einem sogenannten sicheren Herkunftsland stammt. Erst nach prominenter Fürsprache prüfte offenbar die Potsdamer Ausländerbehörde die Voraussetzungen für den § 25a, nach dem einem jugendlichen geduldeten Ausländer und seiner Familie eine langfristige Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann, wenn er seit mehr als vier Jahren in Deutschland lebt und zur Schule geht. Der Sohn des Fussballtrainers könnte diese Voraussetzungen erfüllen.

Es sollte selbstverständlich sein, dass Ausländerbehörden ihrer Beratungspflicht nachkommen und Flüchtlingen – auch wenn sie aus sogenannten sicheren Herkunftsländern kommen – ihr Recht auf eine mögliche Aufenthaltserlaubnis erklären- und zwar in allen Fällen.