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Ursula Nonnemacher spricht zum Antrag der AfD-Fraktion „Quorum für Landratswahlen reduzieren“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Seit der Einführung der Direktwahl der Landräte im Jahr 2010 wurden 12 Wahlen durchgeführt. Nur in vier Fällen war die Direktwahl erfolgreich: im Landkreis Dahme-Spreewald und in der Prignitz wurden die Bewerber im 1. Wahlgang direkt gewählt, in den Landkreisen Oberspreewald-Lausitz und Märkisch Oderland im zweiten Wahlgang. Die acht übrigen Wahlen fielen an die Kreistage zurück, einmal kam es dabei sogar zu einem Losentscheid.

Dieser beklagenswerte Zustand ist auf eine einmalige Brandenburgische Besonderheit, das Zustimmungsquorum von 15% zurückzuführen, welches sonst nur aus der Volksgesetzgebung bekannt ist. In allen anderen Bundesländern – die Landräte werden überwiegend direkt gewählt, nur in Baden-Württemberg und Schleswig Holstein durch die Kreistage – genügt die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

Die Verbindung von Zustimmungsquorum und niedriger Wahlbeteiligung hat eine Direktwahl in Brandenburg also fast regelhaft verhindert. Dem Souverän wird das Wahlrecht entzogen, die KreisbürgerInnen werden „bestraft“, wenn sie von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch machen. Dies wirft zahlreiche Fragen auf, insbesondere da wir in unserem Staatswesen keinerlei Wahlpflicht verankert haben. Das Wahlrecht fällt an die Kreistage zurück, die auch nicht unbedingt auf üppige Wahlbeteiligung verweisen können. Außerdem ist eine Konkurrenz um die Wahlfunktion in der politischen Landschaft Deutschlands absolut ungewöhnlich; ein Vorrecht einer Vertretung auf die Wahl der Verwaltungsspitze lässt sich nicht begründen.

Natürlich sind niedrige Wahlbeteiligungen demokratietheoretisch nicht schön, verfassungsrechtlich ist eine niedrige Wahlbeteiligung für die Wahl von Bewerbern aber irrelevant, solange das Mehrheitsprinzip eingehalten wird. Die notwendige Legitimation der Gewählten ist schon allein dadurch gewahrt, dass alle Wahlberechtigten sich an allgemeinen und freien Wahlen beteiligen können.

Wir halten fest: ein Zustimmungsquorum ist zur Legitimation von Landratswahlen überflüssig und zeigt auch keinerlei mobilisierende Wirkung, das Gegenteil ist der Fall! Bürger, die bei zwei Wahlgängen ihre Stimme abgegeben haben, werden praktisch mit der Annullierung der Wahl bestraft und frustriert. Wahlabstinenz wird indirekt belohnt und kann als taktisches Mittel eingesetzt werden.

Wir GRÜNEN setzen dagegen auf effektive Wahlrechtsveränderungen zur Steigerung der Beteiligung. Da der zweite Wahlgang bei einer Stichwahl regelmäßig eine schlechtere Wahlbeteiligung aufweist als der erste, möchten wir die integrierte Stichwahl einführen. Ferner ist die fördernde Wirkung der Zusammenlegung unterschiedlicher Wahlen eindeutig belegt. Die Synchronisierung der Wahlen von HauptverwaltungsbeamtInnen und kommunalen Vertretungen ist herzustellen. Diese bilden eine politische Verantwortungsgemeinschaft und sollten gemeinsam und für dieselbe Wahldauer gewählt werden. Der positive Effekt ist in Bayern zu beobachten, wo eine seit Jahrzehnten eingeführte gemeinsame Wahl Beteiligungen von durchschnittlich über 50% generiert. In NRW wird die gemeinsame Wahl für 5 Jahre ab 2020 wieder eingeführt. Die Trennung der Wahlzeiten wurde dort von dramatisch abnehmenden Wahlbeteiligungen quittiert.

Wir Grünen wollen an der Direktwahl der Landräte festhalten und setzen auf eine Synchronisierung mit den Kommunalwahlen und eine integrierte Stichwahl zur Steigerung der Wahlbeteiligung. Das bundesweit einmalige Zustimmungsquorum halten wir für höchst fragwürdig, es sollte fallen. Eine Absenkung von 15 auf 12% wird den grundsätzlichen Bedenken nicht gerecht.