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Ursula Nonnemacher spricht zum Gesetzentwurf der Landtagspräsidentin „Drittes Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Aufarbeitungsbeauftragtengesetzes“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Endlich sollen auch Menschen, die als Kinder und Jugendliche in Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrien Unrecht und Leid erfahren haben, Anerkennung und finanzielle Unterstützung erhalten. Sehr lange schon kämpfen die Betroffenen, und auch wir Bündnisgrüne, für eine entsprechende Regelung. Wir begrüßen daher außerordentlich, dass nun endlich die Länder – die so lange auf der Bremse standen – in die Kofinanzierung durch Bund und Kirchen einsteigen. Der Bund hatte die Mittel dafür bereits 2013 eingestellt!

Die Länder beschlossen dann auf der 91. Konferenz der Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales (ASMK) den Fonds erstmal wieder einzukassieren. Was für ein fatales Signal an Menschen mit Behinderung und Menschen mit psychischen Erkrankungen! Die geschätzt bundesweit 100.000 von Unrecht betroffenen Menschen sollten keine Kompensation erhalten, weil aus Ländersicht die Kosten nicht abschätzbar waren. Das macht sprachlos und erleichtert aufgeatmet haben wir erst, als die Länder endlich in die Spur gekommen sind und sich doch ihrer Verantwortung besonnen haben.

Schlimm ist aber, dass offensichtlich die Arbeit von Menschen mit Behinderung und Menschen mit psychischen Erkrankungen offensichtlich immer noch nicht so viel Wert sein soll, wie die anderer Menschen. Die pauschale Anerkennungsleistung sowie die Rentenersatzleistungen sind erheblich niedriger als beim Heimkinderfonds I. Das ist aus unserer Sicht durch nichts zu rechtfertigen. Ihnen wird damit – nach den Misshandlungen und Demütigungen in den Einrichtungen und der Nicht-Berücksichtigung bei den bestehenden Heimkinderfonds – erneut Benachteiligung zuteil.

Trotzdem freuen wir uns, dass diese sehr diffizile Vereinbarung jetzt auf dem Weg ist. Wenigstens können wir jetzt im Land Brandenburg beginnen, das begangene Unrecht aufzuarbeiten. Die Zahl der potentiell Anspruchsberechtigten wird bundesweit auf nahezu 100.000 geschätzt. Während dem oft schreckliche Los der Heimkinder früher Beachtung geschenkt wurde, werden mit der Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ jetzt endlich auch die Bewohner*innen von Behindertenheimen und psychiatrischen Anstalten entschädigt. Für die betroffenen Kinder war es in der Zeit nach 1949 oft reiner Zufall, ob sie in einem Heim, einer Behinderteneinrichtung oder in der Psychiatrie landeten.

Die große Frage war, wer diese Aufgabe hier übernehmen könne. Wer genug Expertise bei den umfangreichen und schwierigen Beratungsgesprächen hat, um die Mittel des Fonds gut zu administrieren. Wir sind sehr zufrieden mit der gefundenen Lösung, dass dies die Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur übernehmen soll. Keine andere Behörde hätte eine vergleichbare Erfahrung. Erfahrung mit dem Unrecht, das an Kindern und Jugendlichen begangen wurde, die in Einrichtungen leben mussten, die ihnen eigentlich Schutz und Therapie bieten sollte. Vor allem kennt sich die Behörde von Frau Poppe sehr gut mit Unrecht aus, das innerhalb staatlicher Strukturen begangen wurde. Denn ehrlicherweise wird es in einem ostdeutschen Bundesland wenige Betroffene geben, die Leid in kirchlichen Einrichtungen erfahren haben. Die Zahl der Betroffenen ist jedoch für Ost und West geschätzt gleichermaßen hoch.

Ein in beiden Teilen Deutschlands begangenes Unrecht soll nun in kleinen Schritten gesühnt werden. Den hier vorgelegten gesetzlichen Regelungen stimmen wir aus ganzem Herzen zu.