- Es gilt das gesprochene Wort!-
Anrede!
Die Novelle des Brandenburgischen Polizeigesetzes hat einen langen Vorlauf mit viel Kritik aus Kreisen der Justiz, der Wissenschaft, von Bürgerrechtler*innen und zivilgesellschaftlichen Akteuren wie dem Bündnis gegen das neue Brandenburger Polizeigesetz, zu dessen Unterstützern auch unser Landesverband gehört. Auch wenn vor dem Kabinettsbeschluss im Oktober die sogenannte elektronische Fußfessel und die online-Durchsuchung herausverhandelt wurden, so musste sich der Gesetzentwurf in der Anhörung am 9.1. herbe Kritik anhören.
Umso erfreulicher ist, dass die Koalitionsfraktionen diese Kritik ernst genommen haben und auf Druck der LINKEN am 7.3. im Innenausschuss noch einmal erhebliche Änderungen am Gesetzentwurf vorgenommen haben.
Wir begrüßen ausdrücklich, dass die in der Anhörung massiv kritisierte Quellen-Telekommunikationsüberwachung gestrichen wurde. Wie die Expertinnen und Experten deutlich machten, sind die technischen Möglichkeiten, bei der Quellen-TKÜ nur auf die laufende Kommunikation von Verdächtigen zuzugreifen derzeit noch gar nicht gegeben. Zudem brächte der Einsatz eines „Staatstrojaners“ zur Durchführung der Quellen-TKÜ massive Kollateralschäden für die IT-Sicherheit mit sich, da Sicherheitslücken bewusst offengehalten worden wären. Von solchen Details, dass die Herstellung eines verfassungskonformen Trojaners die Möglichkeiten Brandenburgs erheblich übersteigen dürfte, mal ganz zu schweigen.
Auch die nun beschlossenen Änderungen zur Schleierfahndung sind richtig und waren rechtlich geboten. Um willkürlichen Identitätsfeststellungen Einhalt zu gebieten, sind nun polizeiliche Erkenntnisse zu grenzüberschreitender Kriminalität am Ort der Maßnahme erforderlich. Zur Vorbeugung eines „Racial Profiling“ wird im Gesetzentwurf betont, dass eine polizeiliche Kontrolle von Ausweispapieren nicht ausschließlich aufgrund bestimmter Unterscheidungsmerkmale, wie z. B. der Hautfarbe erfolgen darf. Diese Feststellung ist zwar eigentlich eine Selbstverständlichkeit, ihre Niederschrift im Gesetz manifestiert jedoch den weltoffenen Anspruch der Brandenburger Polizei.
Anrede!
Trotz der erreichten positiven Änderungen lehnen wir Bündnisgrüne den Gesetzentwurf der Landesregierung weiterhin ab. Grundsätzlich zu kritisieren ist die geplante weitere Verlagerung polizeilicher Befugnisse ins Vorfeld der Begehung von Straftaten. An vielen Stellen des Entwurfs reicht bereits der Verdacht, dass eine Straftat begangen werden könnte, um teils drastische polizeiliche Maßnahmen durchzuführen. So auch bei der Ingewahrsamnahme. Eine Dauer von bis zu vier Wochen Unterbindungsgewahrsam halten wir für unverhältnismäßig, die Gewährung eines anwaltlichen Beistands erst ab dem vierten Tag der Freiheitsentziehung für rechtstaatlich bedenklich. Ich spreche mich dafür aus, spätestens nach 48 Stunden im Gewahrsam die Hinzuziehung eines Rechtsbeistandes zu ermöglichen. Bezüglich der Einführung von Bodycams sind wir weiterhin Verfechter eines wissenschaftlich begleiteten Modellprojektes, welches Vor- und Nachteile der Aufzeichnungen vor einer flächendeckenden Einführung beleuchtet. Sehr kritisch sehen wir auch die Eingriffstiefe in Grundrechte bei den Meldeauflagen.
Die bereits bestehenden Bundes- und Landesgesetze ermöglichen bereits eine effektive polizeiliche Arbeit. Für die im Gesetzentwurf enthaltene Vielzahl an neuen Instrumenten sehen wir deshalb grundsätzlich keine Notwendigkeit. Das Innenministerium ist bis heute nicht in der Lage, angeblich bestehende Sicherheitslücken seriös zu belegen. Zielführender als die Novelle des Polizeigesetzes sind eine ausreichende Personalausstattung sowie die umfassende Qualifizierung von Polizistinnen und Polizisten. Mit der Einführung des auch von uns seit längerem geforderten Masterstudiengangs „Kriminalistik“ in Oranienburg, geht die Landesregierung diesbezüglich einen großen Schritt in die richtige Richtung. Um die wachsende Cyberkriminalität zu bekämpfen, benötigen wir keinen „Staatstrojaner“, sondern dringend IT-Expertinnen und Experten in der Polizei.
Den noch deutlich schärferen Gesetzentwurf der CDU lehnen wir – wenig überraschend – ebenfalls ab.