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Ursula Nonnemacher zum Gesetzentwurf der SPD-Fraktion, der Fraktion DIE LINKE und des Abgeordneten Péter Vida (fraktionslos) „Gesetz zur Abschaffung der Beiträge für den Ausbau kommunaler Straßen“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Am 7. März dieses Jahrs fand im Ausschuss für Inneres und Kommunales eine umfangreiche Anhörung zur geplanten Abschaffung der Straßenbaubeiträge statt. Neben Vertreterinnen und Vertretern der erfolgreichen Volksinitiative um die Freien Wähler, welche sich aus nachvollziehbaren Gründen ausnahmslos für eine Abschaffung aussprachen, führten die Experten zahlreiche Argumente auf, welche Risiken und Probleme mit einer Abschaffung der Beitragserhebung einhergehen.

Herr Prof. Driehaus, ehemals Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht, wies in seinen Ausführungen darauf hin, dass die von Befürworterinnen und Befürwortern einer Abschaffung lautstark eingeforderte „Gerechtigkeit“ ein Irrglaube sei. Entlastet würden durch eine Beitragsabschaffung einzig und allein Grundstücksbesitzerinnen und ‑besitzer, weshalb der nun von SPD und LINKEN vorgelegte Gesetzentwurf treffender den Titel „Grundeigentümerentlastungsgesetz“ tragen müsse. Die Ungleichbehandlung zwischen Grundstücksbesitzerinnen bzw. –besitzern und zur Miete wohnenden Menschen wird nicht die einzige bleiben. Bereits seit einigen Wochen erreichen mich Emails von Bürgerinnen und Bürgern, welche ihre Straßenbaubeiträge vor der geplanten rückwirkenden Stichtagsregelung zum 1. Januar 2019 entrichteten und sich nun benachteiligt sehen. Dasselbe gilt für Brandenburgerinnen und Brandenburger, die weiterhin eine Zahlungsaufforderung für Erschließungsbeiträge ihrer Anliegerstraße erhalten. Erste Initiativen zur Abschaffung der Erschließungsbeiträge sind bereits gestartet.

Geehrter Minister Schröter!

Wir sind bekanntermaßen recht selten einer Meinung, aber ihren Bedenken um die finanzielle Belastung des Landeshaushalts durch den Gesetzentwurf Ihrer Partei, sowie der Linken kann ich mich guten Gewissens anschließen. Der Bericht Ihres Hauses zur „Weiterentwicklung der Straßenausbaubeiträge“ beziffert die Mehrbelastung durch den Wegfall der Beiträge noch auf 25 Millionen Euro pro Jahr. Mittlerweile stehen 31 Millionen Euro zur Debatte plus eventuelle Mehrkosten durch Spitzabrechnungen einzelner Kommunen. Neben der erheblichen Belastung des Landeshaushalts ist auch mit einer massiven Zusatzbelastung der kommunalen Haushalte zu rechnen, wenn die dämpfende Wirkung der Straßenbaubeiträge auf die für erforderlich gehaltenen Ausbaumaßnahmen entfällt. Eine von Prof. Driehaus angeführte Berechnung aus Bayern, wo die Straßenbaubeiträge ebenfalls vor den Landtagswahlen 2018 abgeschafft wurden, zeigt, dass allein zum Substanzerhalt von Gemeindestraßen Finanzierungslücken von ca. 50 % entstehen. Diese müssten anderweitig geschlossen werden, z.B. durch Anhebungen der Grundsteuer bzw. Kürzungen bei freiwilligen Leistungen wie Volkshochschulen oder Freibädern. Beide Optionen halte ich für inakzeptabel und sehe darüber hinaus die Gefahr, dass der Straßenausbau bis zur Klärung aller finanziellen Fragen zeitweilig zum Erliegen kommen wird. Um dies zu verhindern, erwarte ich, ebenso wie der Städte- und Gemeindebund, dass die Rechtsverordnung zur Erstattung der Kosten möglichst zeitgleich mit der Änderung des Kommunalabgabegesetzes in Kraft gesetzt wird.

Ebenso erwarte ich Lösungsansätze zur Beitragsproblematik bei Sandstraßen, von denen es in Brandenburg etliche gibt. Die Abgrenzung, ob für den Ausbau einer vorhandenen Sandstraße Erschließungsbeitragsrecht oder Straßenbaubeitragsrecht gilt, ist sehr komplex. Für die beitragspflichtigen Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer wird schwer nachzuvollziehen sein, warum für eine Teilanlage einer Ausbaumaßnahme ein Beitragserhebungsverbot greift, andere Teilanlagen aber nach Erschließungsbeitragsrecht weiter abgerechnet werden sollen.

Wir Bündnisgrüne verkennen nicht den erheblichen politischen Druck, der auch durch die in Vorwahlzeiten verstärkten Diskussionen in anderen Bundesländern zur Abschaffung der Straßenbaubeiträge entsteht. Wir werden uns dem übermächtigen Wunsch nach einer Beitragsabschaffung nicht verweigern, sehen aber erhebliche Probleme bei der Ausgestaltung und den langfristigen Belastungen des Landeshaushaltes auf uns zukommen.

Der Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Inneres und Kommunales stimme ich mit dem Wunsch auf eine perspektivenreiche Diskussion zu.

Vielen Dank!