- Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede!
Der demographische Wandel verändert unsere Gesellschaft in vielen Lebensbereichen. Das veranschaulichen die Antworten der Landesregierung auf die Große Anfrage der CDU-Fraktion sehr schön. Die CDU wollte mit ihren Fragen erfassen, welche Menschen im Land von Einsamkeit betroffen sind und wie sich diese dann auf deren Leben auswirkt. Wir sehen in den Antworten die Auswirkungen eines sich wandelnden Familienbildes und der Veränderung der Bevölkerungsstruktur gerade in den ländlichen Räumen. Darauf scheint die Matrize der Fragen nicht so recht zu passen. Und so ist auch das eigentliche Ziel der Großen Anfrage, zu identifizieren, an welchen Stellen Einsamkeit insbesondere zutage tritt, schwer greifbar.
Das ist nicht als Kritik gemeint, weder an der CDU-Fraktion, noch an der Landesregierung. Es war gut, Einsamkeit als Thema zu setzen. Einsamkeit ist in modernen westlichen Gesellschaften ein großes Problem – das britische Einsamkeitsministerium wurde schon mehrfach erwähnt - und ein eigenständiger Risikofaktor für Sterblichkeit. Sie geht einher mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für missbräuchlichen Substanzkonsum, Depression und andere psychischen Störungen.
Die Suche nach und die Antworten auf die strukturellen Ursachen für Einsamkeit müssen jedoch, das zeigen die Antworten auf die Große Anfrage, als Querschnitts- und als gesamtgesellschaftliche Aufgabe erfolgen. In Gebieten, in denen es kein gutes Angebot an öffentlichem Nahverkehr gibt, wo die Läden aus den Innenstädten verschwinden, weil die Mall auf der grünen Wiese entsteht, wo die Dorfkneipe und der Bäcker geschlossen haben und Sozialwohnungen nicht entstehen, weil die Renditeaussichten viel zu unattraktiv sind, da ist die Gesellschaft in der Folge dann eben auch nicht divers und lebendig. Begegnungsmöglichkeiten im öffentlichen Raum reduzieren sich. Hier wäre der Hebel anzusetzen. Wichtiger, als in einer Hotline für einsame Menschen.
Wir begrüßen ausdrücklich die Würdigung der Nachbarschaftshilfen, Bündnisse, Netzwerke und der Ehrenamtlichen im Entschließungsantrag der CDU-Fraktion. Es ist ein hoffnungsvolles Zeichen, dass sich so viele Menschen umeinander kümmern und Solidarität zeigen. Das spiegelt sich auch in der Datenlage der Landesregierung, derer zufolge sich überdurchschnittlich viele Brandenburgerinnen und Brandenburger in Vereinen engagieren. Der Landesregierung kommt dabei die Aufgabe zu, diese Initiativen adäquat zu unterstützen. Das kann zum Beispiel dadurch erfolgen, dass ehrenamtlich Engagierte einen Mobilitätszuschuss erhalten, wie im vergangenen Winter auf einen bündnisgrünen Antrag hin beschlossen wurde.
Das Land muss weiter gezielte Impulse setzen. So brauchen ältere Menschen und Pflegebedürftige, bei denen nachvollziehbarerweise eine größere Sorge vor Einsamkeit besteht, gerade in den ländlichen Räumen eine altersgerechte Infrastruktur. Sie sind häufig an ihrem Wohnort tief verwurzelt und möchten dort bis zu ihrem Lebensende bleiben. Dafür brauchen sie Angebote, an Freizeit und Kultur, an Einkaufsmöglichkeiten, für Mobilität und zum Wohnen. An dieser Stelle lobe ich erneut die Fachstelle Altern und Pflege im Quartier, FAPIQ. Sie vernetzt Kommunen, Initiativen und Menschen vor Ort. In eine ähnliche Richtung geht die Funktion von Mehrgenerationenhäusern. Sie, das steckt schon im Namen, erfüllen das Miteinander der Generationen mit Leben! Unsere Hoffnung ist, dass durch ihre Arbeit die Identifikation mit dem Quartier steigt, die Lebenszufriedenheit älterer Menschen zunimmt und die Pflegeprävalenz sinkt.
Klar ist: Der demographische Wandel macht Druck und fordert zur Suche nach neuen Lösungen auf. Wir sähen es gerne, wenn der vorliegende Entschließungsantrag als Impuls für eine Erneuerung der Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen sowie Zivilgesellschaft gedacht wäre. Viele der Forderungen sind durchaus richtig, jedoch aus unserer Sicht bereits existent, und auch die erteilten Aufträge zur Vernetzung bereits Bestandteil der jeweiligen Konzepte. Deswegen werden wir uns enthalten.