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Ursula Nonnemacher spricht zur Aktuellen Stunde der AfD-Fraktion „Steht Brandenburg heute besser da? – Eine Bilanz der 6. Legislaturperiode“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Dass heute die AfD-Fraktion mit einem gehaltvollen Vierzeiler die Bilanz der 6. Wahlperiode zum Thema ihrer Aktuellen Stunde macht, hat auch damit zu tun, dass diese Regierung es offensichtlich aufgegeben hat, sich zu erklären. Während in Hessen in jeder Plenarsitzung ein Minister eine Regierungserklärung abgibt, gelingt es in Brandenburg selten, die Regierung zum Jagen zu tragen. Der Ministerpräsident taucht zwar seit Oktober 2018 mit seinem Last-Minute-Format „Zur Sache, Brandenburg“ im Land auf, aber er erklärt dem Land kaum noch seine Politik.

Spätestens seit dem großen Schock des Bundestagswahlergebnisses 2017, als die SPD in ihrem Stammland Brandenburg mit 17,6% hinter der CDU und AfD auf Platz 3 landete und dem eher beiläufigen Beerdigen der Verwaltungsstrukturreform herrscht eine große Sprachlosigkeit in der Regierungspartei SPD. Sozialdemokratische Beschwörungsformeln vom Zusammenhalt in dem einen Brandenburg und dem Kampf gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit verfangen kaum noch, insbesondere da die SPD bei konkreten Aktionen vor Ort kaum wahrnehmbar ist.

Verwiesen wird dann auf die gute wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre mit steigender Steuerdeckungsquote, einer sinkenden Arbeitslosen-quote von z.Z. 5,7%, dem starken Anstieg sozialversicherungspflichtiger Jobs und dem Anstieg des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts zwischen 2014 und 2018 über dem Bundesdurchschnitt. Ja, diese Jahre waren tatsächlich etwas besser! Betrachtet man aber die letzten 10 Jahre, so folgt Brandenburg dem Wachstumstrend des gesamten Bundesgebietes und hat sich beim Länderranking bezüglich des Bruttoinlandsprodukts und verfügbarem Einkommen sogar verschlechtert und liegt jetzt hinter Thüringen auf dem drittletzten Platz. Aufholen war also nicht!

Auch 30 Jahre nach dem Mauerfall ist die wirtschaftliche Kluft zwischen Ost- und Westdeutschland groß. Keines der ostdeutschen Flächenländer erreicht die Produktivität des West-Schlusslichtes Saarland. Von den 500 größten Unternehmen Deutschlands haben 93% ihren Sitz im Westen. Es ist insgesamt nicht gelungen, den wirtschaftlichen Aufschwung, den es im Osten durchaus gibt, in die Fläche zu bringen – das ist der Nährboden für Rechtspopulisten! Dies jetzt rot-rot anzulasten wäre unfair. Aber wir alle wissen: die zentralen Maßnahmen, um das Land nach vorne zu bringen sind gute Verkehrsanbindung, Digitalisierung und gute Bildung in allen Regionen. Und da hat die Regierung ihre Hausaufgaben nur unzureichend bewältigt: abbestellte Zugkilometer trotz steigender Fahrgastzahlen, viel zu spätes Umsteuern beim schienengebundenen Nahverkehr, Verschlafen des Digitalisierungsthemas, bei dem 200 Einzelmaßnahmen noch keine Strategie darstellen und Qualitätsprobleme bei der frühkindlichen und schulischen Bildung.

Unsere demographischen Probleme und die Disparitäten im Land bleiben uns erhalten: die Landkreise Elbe-Elster, OSL und Spree-Neiße gehören zu den 10 deutschen Kreisen mit der höchsten Abwanderung in den letzten Jahren und werden weiterhin stark Einwohner verlieren. Das größte Hemmnis für die Brandenburger Wirtschaft wird der eklatante Fachkräftemangel sein. Die erwerbsfähige Bevölkerung wird doppelt so stark zurückgehen wie in Westdeutschland, der dringend benötigte Zuzug von qualifizierten Ausländern wird viel zu gering ausfallen. Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Abschottung sind nicht nur politisch und kulturell Gift für unser Land, sondern sie gefährden die wirtschaftliche Entwicklung in bedrohlicher Weise. Der Strukturwandel in der Lausitz hängt nicht nur von klugen nachhaltigen Konzepten und Fördermilliarden ab, sondern genauso von einem weltoffenen Klima in der Region. Wenn „Zukunft-Heimat“ weiterhin 14tägig hetzt und dem Suhlen im Ressentiment nicht klar begegnet wird, wird der Strukturwandel nicht gelingen.

Brandenburg steht am Ende der 6. Wahlperiode nicht schlecht da – aber die bekannten Strukturprobleme sind nicht gelöst. Wir Bündnisgrünen sind bereit, uns weiterhin konstruktiv an den Problemlösungen zu beteiligen – für ein ökologisches, soziales und weltoffenes Brandenburg.