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Ursula Nonnemacher spricht zum Antrag der AfD-Fraktion „Einrichtung eines Runden Tisches für ein lösungsorientiertes Konzept zur Bekämpfung der Armut in Brandenburg“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Es ist ja schon ganz erstaunlich für eine Fraktion, in deren Landtagswahlprogramm nicht ein einziges Mal das Wort Armut vorkommt, einen solchen Antrag zu stellen. Ach so, nein, ganz stimmt das nicht. Das Wort Armut kommt tatsächlich genau einmal vor: Als Kinderarmut. Nicht aber, dass die AfD damit arme Kinder gemeint hatte. Nein, für die AfD ist Kinderarmut der Begriff für eine aus ihrer Sicht zu niedrige Geburtenrate.

Ich vermute also mal, diese plötzliche Hinwendung zur Sozialpolitik ist dem aufziehenden Bundestagswahlkampf geschuldet, ebenso wie die Flut ihrer Anträge. Sie haben erkannt, dass einige Menschen verunsichert sind und nicht mehr an das Aufstiegsversprechen unserer Gesellschaft glauben. Da ist es jetzt ja recht kommod, einen Runden Tisch gegen Armut zu fordern. Vielleicht lesen ja dann Ihre Wählerinnen und Wähler nicht die Antworten nach, die sie in ihrem Wahlprogramm gegeben haben.

Statistisch gesehen sind folgende Gruppen am häufigsten von Armut bedroht: arbeitslose Menschen, Alleinerziehende, Frauen, Mehrkind-Familien, Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen mit Behinderungen. Die arbeitslosen Menschen finden auch in Ihrem Antrag zweimal Erwähnung. In Ihrem Wahlprogramm: Null Erwähnung. Nicht ein einziger Satz! Und vermutlich kein einziger Gedanken von Ihnen für arbeitslose Menschen. Kann ja jetzt der neue Runde Tisch übernehmen. Dann zu den Alleinerziehenden, kurz im Antrag gestreift, im Wahlprogramm: Keine Erwähnung. Nichts. Naja, kann auch der Runde Tisch in den verbleibenden 2,5 Jahren der Wahlperiode abarbeiten. Bei der nächsten Gruppe besonders armutsgefährdeter Menschen gibt es mehr Treffer in ihrem Wahlprogramm. Allerdings nicht in Verbindung mit dem Thema Armut, sondern mit dem Thema Kriminalität. Ganz klar, jetzt geht es um Menschen mit Migrationshintergrund. Da möchten Sie unter Anderem, Zitat: „ … bei der Meldung von Straftaten die Staatsangehörigkeit sowie ggf. den Migrationshintergrund des Täters erfassen … “. Ich muss hier noch einmal einen kleinen Exkurs in die Statistik wagen. An anderer Stelle im Wahlprogramm schreiben Sie dann, Zitat: „Der Anteil der Ausländer am Gesamtaufkommen der Kriminalität übertrifft den Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung bei weitem.“ Woher wissen Sie das, wenn das doch in der Kriminalitätsstatistik gar nicht erfasst wird? Vielleicht ist das so ein Gefühl bei Ihnen? Bei der Forderung nach öffentlichen Mitteln zum Beispiel für einen Runden Tisch ist es aber wichtig, sich nicht nur auf gefühlte Wahrheiten zu verlassen. Besser und fairer den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber, von denen das Geld kommt, ist es, zuzuhören und zu verstehen. Zuzuhören beispielsweise, wenn die brandenburgischen Familienverbände sich die Zeit nehmen, um über die Lebensrealität und die Sorgen und Nöte ihrer Mitgliedsfamilien zu erzählen. Hinzuhören, wenn ein Fünftel der 6 bis 11-jährigen Kinder sagen, sie fühlten sich abgehängt und hätten kaum Erwartungen an die eigene Zukunft. Aber das Treffen mit den Familienverbänden haben Sie damals hauptsächlich genutzt, um ihren völkisch geprägten Antrag zur Familienförderung zu bewerben.

Zum Glück hat die Landesregierung besser zugehört und deswegen den Fokus bei dem so wichtigen Thema Armut auf Kinder gelegt. Arme Kinder kommen nämlich immer auch aus armen Familien. Das hat sie im Gegensatz zu Ihnen auch gleich zu Beginn der Wahlperiode getan, nicht erst jetzt, wo es auf die Bundestagswahl zugeht. Ihr Antrag, zu diesem Zeitpunkt, spielt wie schon öfters Menschen mit unterschiedlichen sozialen Notlagen gegeneinander aus. Zynischer geht Stimmenfang eigentlich kaum.