- Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede!
Im Sommer 2016 habe ich in einer Rede hier im Landtag gesagt: „Kinderlärm gehört zum Leben wie Vogelgezwitscher und Sommerregen.“ Und dennoch werden in Deutschland seit Jahrzehnten niedrige Geburtenraten beklagt. Fast ebenso lange fragen wir uns, wie unsere Gesellschaft kinderfreundlicher werden kann.
Wir Bündnisgrüne finden, alle Kinder haben den gleichen Anspruch auf Schutz – egal in welcher Familienform sie aufwachsen. Familien sind heute vielfältig und bunt. Verheiratete Paare mit Kindern, Alleinerziehende, geflüchtete oder Patchwork-Familien, nicht eheliche oder Regenbogenfamilien. Und in ihnen allen wachsen Kinder auf, jedes mit einem riesigen Potential. Der Staat tut also gut daran, Eltern so zu unterstützen, dass sie die Verantwortung gegenüber ihren Kindern bestmöglich wahrnehmen können.
Eine gute Familienpolitik muss Geld, Zeit und Infrastruktur in den Blick fassen. Wo Kinder leben, besteht grundsätzlich ein höheres Armutsrisiko. Kinder alleinerziehender Mütter sind davon sogar überdurchschnittlich schwer betroffen, Kinder in Mehrkind-Familien auch häufiger. Was zu tun ist, wenn das Geld hinten und vorne nicht reicht, ist eine wichtige Frage, der wir gerade im Juni ausführlich bei der Debatte über Kinderarmut nachgegangen sind.
Was Kinder und Eltern noch brauchen ist Zeit: Zum Spielen, zum Lernen, für soziale Kontakte. Wir Bündnisgrünen waren übrigens die Einzigen hier im Land, die für einen wirklichen Ruhetag in der Woche gekämpft haben. Die großzügige rot-rote Ausweitung der Ladenöffnungsmöglichkeiten an Sonntagen wurde auch von der CDU offen unterstützt. Und das in vollem Wissen darum, dass die Beschäftigten im Einzelhandel kaum Mitsprache über den Umfang, die Lage und den Ort ihrer Erwerbstätigkeit haben. Familienfreundliche Politik ist das nicht!
Aber die Kinderfreundlichkeit in einer Gesellschaft drückt sich auch in der Infrastruktur für Familien aus. Obwohl es in der Antwort der Landesregierung anders anklingt, wird de facto durch Maßnahmen der Landesregierung aktuell kaum, beziehungsweise kein Miet-Wohnraum für Familien geschaffen. Die Möglichkeit bestünde zwar theoretisch schon über die WohneigentumInnenstadt-Richtlinie. Doch die Gelder werden bislang (fast) gar nicht abgerufen. Auch nach längeren Diskussionen im Ausschuss bleibt unklar, woran das liegt. An den Bedingungen in der Richtlinie? An mangelnden Kapazitäten? Hier sollte die Landesregierung dringend genauer hinsehen und nachsteuern.
Zum Schluss möchte ich kurz zum ÖPNV sprechen: Natürlich gibt es eine ganze Reihe von Ermäßigungen für Kinder. Erstens ist das aber alles ganz schön unübersichtlich. Und will man, dass seine Kinder in ganz Brandenburg mobil sind, zum Beispiel, weil das Kind in einem Landkreis zur Schule, im anderen aber zum Sportverein geht, wird es doch ganz schön teuer. Vor allen, will man das drei oder mehr Kindern ermöglichen. Mal ganz abgesehen davon, dass der ÖPNV bis auf den Schüler*innenverkehr oftmals so dürftig ist, dass er wohl eher sowieso nicht für Freizeitaktivitäten genutzt werden kann.
Eine Bemerkung sei mir noch erlaubt: In diesem Land nehmen spezielle touristische Angebote zu, von denen Kinder ausgeschlossen werden. Zum Beispiel der Campingplatz in Oberhavel, der keine Kinder unter 14 Jahren aufnimmt, oder der Ausschluss von Gästen unter 16 Jahren in einem Hotel in Bad Saarow. Argumentiert wird mit dem angeblichen Ruhebedürfnis älterer Menschen, und genug anderen Angeboten für Kinder. Da sollte doch ein Land, dessen Regierung sich bereits seit 2009 vornimmt es zu einer der familienfreundlichsten Regionen in Europa werden zu lassen, nun endlich wenigstens „Familienfreundlichkeit“ in die Zertifizierung seiner Tourismus-Angebote aufnehmen!