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Ursula Nonnemacher spricht zum Gesetzentwurf der Landesregierung „Zu dem Staatsvertrag über die Errichtung eines Gemeinsamen Kompetenz- und Dienstleistungszentrums der Polizeien der Länder BE, BB, SN, ST, TH“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Intensivere Kooperation auf dem Gebiet der polizeilichen Telekommunikations­überwachung, Synergieeffekte durch gemeinsame Ressourcenbereitstellung und -nutzung. Das klingt zunächst nicht falsch, würde es sich hier nicht um den Umgang mit höchstsensiblen persönlichen Daten handeln.

Dieser Umstand wirft eine ganze Reihe an datenschutzrechtlichen Fragen auf, die ohne unsere Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen wohl gar nicht erst thematisiert worden wären. Wir fragen uns schon, warum man all die hochbrisanten Fragen, von der Speicherung von Telefonverbindungsdaten bis zur Frage nach Quellentelekommunikationsüberwachungen und Staatstrojanern, nicht offensiv diskutieren wollte, sondern im Gegenteil auf eine Anfrage unserer Fraktion zum geplanten Zentrum nur sehr zurückhaltend antwortete. Wie genau nach dem Staatsvertrag eine Kontrolle unserer Datenschutzvorschriften tatsächlich sichergestellt werden soll, wurde nämlich auf meine Anfrage im April 2016 nicht beantwortet, verwiesen wurde lediglich auf den laufenden Willensbildungs- und Entscheidungsprozess (Drucksache 6/3870, Antwort auf Frage 4). Überhaupt hätte wohl kaum eine tiefergehende Diskussion stattgefunden, wäre nicht unserem sächsischen Kollegen Valentin Lippmann, Landtagsabgeordneter in Dresden, der Posten „TKÜZ“ in den sächsischen Haushaltsplänen aufgefallen. Die Regierungen der betreffenden Bundesländer hätten den Gesetzentwurf offenbar lieber ohne größeres Aufsehen einfach durchgewunken. Zweimal hatte daraufhin unsere Fraktion hier in Brandenburg das Thema auf die Tagesordnung des Innenausschusses gesetzt. Nur so kam es zu weitergehenden Erörterung. Zusätzlich kam es immerhin zur Anhörung der Landesbeauftragten für Datenschutz.

Wir begrüßen, dass es infolge der Beteiligung der Landesbeauftragten für Datenschutz zu einigen Nachbesserungen kam.

Dennoch stelle ich Ihnen die erwähnte Frage heute erneut: Wie genau soll nach dem Staatsvertrag die Einhaltung und Kontrolle unserer datenschutzrechtlichen Vorschriften sichergestellt werden?

Die persönlichen Daten aus der Telekommunikationsüberwachung sollen nach dem vorliegenden Gesetzentwurf für die beteiligten Länder zentral in einem Rechenzentrum in Sachsen gespeichert werden, Standorte sollen Leipzig und Dresden sein. Zuständige datenschutzrechtliche Aufsichtsbehörde ist nach § 14 Absatz 7 des Staatsvertrages der sächsische Datenschutzbeauftragte, der bei berührten Kernaufgaben das Einvernehmen mit den anderen Datenschutzbeauftragten herzustellen hat. Letzter Halbsatz gehört zwar zu den erwähnten Nachbesserungen, doch lässt die Formulierung bedauerlicherweise weiterhin einen erheblichen Interpretationsspielraum. Was heißt Einvernehmen in diesem Zusammenhang? Wie sollen es die anderen Datenschutzbeauftragten einfordern, sollten sie übergangen werden? Abgesehen von einem gewissen Unbehagen, dass der Freistaat Sachsen die datenschutzrechtliche Aufsichtsbehörde stellt, bleiben prekäre Fragen nach dem Umgang mit unser aller Daten offen.

Gerade bei einem Zentrum mit solch grundlegender Funktion, welches auf der Grundlage von fünf verschiedenen Polizeigesetzen Daten aus fünf verschiedenen Bundesländern mit fünf verschiedenen Datenschutzgesetzen speichern und zur Nutzung weitergeben soll, muss die Kontrolle durch die jeweiligen Parlamente und Datenschutzbeauftragten sichergestellt sein. Aus diesem Grund haben wir, angelehnt an die Vorgehensweise im Bundesland Thüringen, flankierend den Ihnen vorliegenden Entschließungsantrag eingebracht. Dieser mahnt Kontrollrechte der Parlamente und Berichtspflichten der Exekutive an und soll einen Fahrplan für die Erstellung der weiteren Ausführungsvorschriften darstellen. Nur MIT diesem flankierenden Antrag – der im Hauptausschuss abgelehnt wurde – wäre uns eine Zustimmung möglich gewesen. So halten wir das Risiko, das wir mit der Übertragung von Grundrechtseingriffen eingehen, für zu hoch und lehnen ab.

Vielen Dank.