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Ursula Nonnemacher spricht zu unserem Gesetzentwurf „Gesetz zur Antidiskriminierung im Land Brandenburg (Landesantidiskriminierungsgesetz - LAD-GBbg)“

>> Unser Gesetzentwurf „Gesetz zur Antidiskriminierung im Land Branden-burg (Landesantidiskriminierungsgesetz - LAD-GBbg)“ als pdf-Datei.

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Der Datenschutz und das Recht auf Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen hat in Brandenburg Verfassungsrang. Auf einer Festveranstaltung zu 25 Jahren Datenschutz in Brandenburg erinnerte der erste Landesbeauftragte Dr. Dietmar Bleyl an die schwierigen Startbedingungen zu Beginn der neunziger Jahre und dass ein Aufschrei der Empörung aus den Kommunen gekommen sei, das Akteneinsichtsrecht untergrabe die kommunale Selbstverwaltung und stelle einen Angriff auf kommunale Verwaltungen dar. Verfassungsrang seit 1992 hat auch das Diskriminierungsverbot nach Artikel 12 (2), welches durch die Einführung der Antirassismusklausel in die Landesverfassung (Art. 7a) 2013 noch einmal geschärft worden ist.

Wird jetzt dieser Verfassungsauftrag mit Leben erfüllt und in materielles Recht - nämlich ein Landesantidiskriminierungsgesetz – umgesetzt, hören wir von den Kommunalen Spitzenverbänden wieder die selbe Leier: unterstelltes Misstrauen gegen Behördenmitarbeiter*innen und Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung.

Da sich dieser Reflex an vielen Stellen finden lässt, möchte ich hier einmal daran erinnern: Das Handeln staatlicher Verwaltungen hat sich an den in diesem Land lebenden Menschen, an den Bürgerinnen und Bürgern und Ihren Grund- und Freiheitsrechten zu orientieren und nicht die Aufgabe, Behördenmitarbeiter*innen vor ihnen missliebigen Anfragen oder Amtshandlungen zu bewahren!

Die Sachverständigen aus Hochschulen und Antidiskriminierungsberatung haben in der ersten Anhörung am 30.11. letzten Jahres den Gesetzentwurf in seiner Zielrichtung ausdrücklich gelobt und ihn als sinnvoll erachtet. Die Diskriminierung von staatlichen Institutionen sei ein gewichtiges Problem und es sei nach aktueller Rechtslage deutlich leichter, gegen Diskriminierung im privaten Bereich zu klagen als im öffentlichen Sektor. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz AGG regelt als Bundesgesetz Diskriminierungen im Arbeits- und Zivilrecht. Diskriminierungen beispielsweise durch das Sozialamt, durch Schulen oder die Polizei sind dadurch nicht erfasst. Das Land stiehlt sich hier aus der Verantwortung, Rechtsgrundlagen für den Diskriminierungsschutz im Bereich öffentlicher Verwaltungen zu schaffen. Deshalb verstehe ich auch diese ständigen Verweise auf die Evaluierung des AGG gar nicht: Es ist hier einfach nicht einschlägig!

Dass darüber hinaus auch der Schutz durch das AGG verbessert werden muss, steht dem nicht entgegen. Im Ergebnis der Evaluation wird eine Einführung eines Verbandsklagerechtes gefordert, damit die Betroffenen ihr Recht nicht alleine erstreiten müssen. Und er empörende Fall von „Kuwait Airways“, wo einem israelischen Staatsbürger von deutschem Boden aus der Transport verweigert wurde, zeigt, dass das deutsche Antidiskrimierungsrecht zu eng gefasst ist.

Wir wollten in unserem Gesetzentwurf ausdrücklich eine gesetzliche Grundlage auch für die Landesstelle für Chancengleichheit schaffen und positive Maßnahmen zur Förderung einer Kultur von Vielfalt und Toleranz einführen. Letzteres greifen Sie in Ihrem Entschließungsantrag auf, dem wir im Übrigen zustimmen werden. Eine Stärkung der Landesstelle für Chancengleichheit durch zusätzliche Personal- und Sachausstattung begrüßen wir, ebenso die verstärkte Öffentlichkeitsarbeit und die angestrebten Ziele. Ob durch „geeignete Regelungen“ die gewünschte Schlagkraft erzielt werden wird, wage ich zu bezweifeln. Die Durchsetzung des Diskriminierungsverbotes im öffentlichen Bereich bleibt damit offen, Wege für den Rechtsschutz bleiben schwierig und ein Anspruch auf Schadensersatz besteht nicht.

Letzte Woche hat die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages – Petra Pau – anlässlich einer Diskussion über die Bilanz der Arbeit zahlreicher NSU-Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern erklärt, es bleibe eine vordringliche Aufgabe, rassistischen Einstellungen in unseren Sicherheitsbehörden entgegenzuwirken. Da können wir der Vizepräsidentin nur zustimmen. Die rot-rote Landesregierung hat eine Chance, dazu ihren Anteil zu leisten, leider verpasst.

Unser Gesetzentwurf wurde abgelehnt.