>> Unser Antrag „Entschädigungsfonds für in der DDR geschiedene Frauen“ als pdf-Datei
- Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede!
Ein Mythos, der hartnäckig überlebt, ist der der völlig gleichberechtigten Frauen in der DDR. Eine Wunschvorstellung, die bemerkenswert nachhaltig wirkt! Die Frage, wer letztendlich von diesem bis heute immer wieder beschworenen Frauenbild profitiert, wäre zwar interessant, aber heute soll es aber um die Frauen gehen, die genau deswegen große Nachteile erfahren. Frauen, die oft in Armut leben und seit vielen Jahren um eine Gleichbehandlung mit den Frauen aus den alten Bundesländern kämpfen.
Sicher waren deutlich mehr Frauen in der DDR erwerbstätig als Frauen in Westdeutschland. Und sicher haben auch viel mehr Frauen in der DDR in Vollzeit gearbeitet als das in Westdeutschland der Fall war. Das bedeutet jedoch nicht, dass dieser erfreuliche Befund auf einem durchgängig emanzipatorischen Gesellschaftsbild begründet war. Leider nicht! Die Gesellschaft der DDR war in vielerlei Hinsicht ebenso patriarchal geprägt wie die in Westdeutschland. Frauen, das zeigen neuere Untersuchungen, waren in Ost- wie in Westdeutschland hauptsächlich für die Versorgung von Kindern und Haushalt zuständig. Ein Kinderlied aus der DDR bringt das auf den Punkt: „Liebe kleine Mama… Weißt du wer mich morgens kämmt und hilft, wenn die Hose klemmt? Wer hält die Zimmer rein? Das kann nur die Mami sein.“
Belohnt wurden die Frauen dafür jedoch nicht sonderlich. Auch in der DDR waren die Gehälter von Frauen deutlich niedriger als die von Männern. Auch in der DDR schafften es nur wenige Frauen in Führungspositionen. Mit dem Ergebnis, dass heute die Renten ostdeutscher Frauen deutlich unter denen ostdeutscher Männer liegen. Eine Gruppe hat dabei ein noch deutlicheres Nachsehen: die geschiedenen Frauen der ehemaligen DDR. Wenn ihre Ehe vor 1992 scheiterte, haben sie keine Ansprüche auf Rentenanwartschaften ihrer früheren Ehemänner, weil der Versorgungsausgleich erst 1992 nach dem Einigungsvertrag in Kraft trat. Nach dem vorherrschenden Bild der gleichberechtigten Partner waren ja Frauen und Männer in der DDR in der Lage gewesen, jeweils für den eigenen Unterhalt aufzukommen, egal, wie die Realität aussah.
Die damalige Bundesregierung erlag bei der Überleitung der gesetzlichen Rentenversicherung auf die neuen Bundesländer ebenfalls diesem Gesellschaftsbild und nahm an, dass Frauen in der DDR ihre Erwerbsarbeit selten zu Gunsten der Erziehung von Kindern unterbrochen oder deutlich eingeschränkt hatten. Allerdings war es wohl auch in der DDR für viele Frauen üblich, die eigene Erwerbstätigkeit zugunsten der Erziehung von Kindern zu unterbrechen oder einzuschränken. Diese Frauen sind jetzt im Alter auf Grundsicherung angewiesen und viele von ihnen fühlen sich deshalb in ihrer Lebensleistung nicht anerkannt. Sie vertreten damit keine Einzelmeinung. Auch der Bundesrat hat im September 2010 eine Gesetzesinitiative zu einer befriedigenden Lösung angemahnt und im vergangenen März äußerte sich auch der UN-Fachausschuss zur Frauenrechtskonvention dazu. Er forderte die Bundesrepublik Deutschland dazu auf, für diese Gruppe von Frauen Abhilfe und Gerechtigkeit zu schaffen. Wir finden das richtig. Nicht nur aus dem formalen Auftrag zur Verpflichtung zur Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West, der sich aus Einigungsvertrag und dem Grundgesetz ergibt. Sondern auch, weil wir es prinzipiell unakzeptabel finden, dass Frauen der Löwenanteil der unbezahlten Erziehungs- und Pflegearbeit zugeschoben wird und sie im Alter dafür mit Minirenten bestraft werden. Und jetzt müssen auch noch einige dieser Frauen für eine gescheiterte Ehe zahlen. Diesen Frauen eine Lösung anzubieten, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Kosten dafür müssen deswegen nicht nur von den Beitragszahlenden, sondern von allen getragen werden. Deshalb erscheint uns ein staatliches Entschädigungsmodell als gerechteste Lösung.
Der Antrag wurde angenommen