- Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede!
Die Erstbegehung eines Tatortes ist meist entscheidend für den weiteren Verlauf und den Erfolg der Ermittlungen einer Straftat. Und kaum etwas ist für Opfer oder Angehörige der Opfer so erschütternd wie die Unverwertbarkeit von Beweisen mangels Gerichtsfestigkeit oder die Unaufklärbarkeit einer Straftat aufgrund eines Ermittlungsversagens der Polizei durch mangelhafte Spurensicherung. Kurz: Unser Land braucht hervorragende Kriminalistinnen und Kriminalisten. Und: Unser Land verfügt – noch – über hervorragende Kriminalistinnen und Kriminalisten, denn viele der bislang in diesem Bereich tätigen Polizistinnen und Polizisten sind Absolventinnen und Absolventen des bis 1990 existierenden renommierten Studiengangs der Kriminalistik an der Humboldt-Universität in Berlin.
Dabei handelt es sich um einen Beruf qualifizierter Expertinnen und Experten, die eine hochspezialisierte Arbeit im Hintergrund leisten, von deren Funktionsfähigkeit wir ganz selbstverständlich ausgehen, deren Fehlen wir aber sofort schmerzlich bemerken. Diese Expertise wird mit dem Eintritt der Betreffenden in den Ruhestand nicht mehr weitergegeben. Die derzeitige generalistische Polizeiausbildung erlaubt zwar ebenfalls eine Laufbahn als Kriminalbeamtin oder -beamter, jedoch nimmt der kriminalistische Ausbildungsteil ein deutlich geringeres Pensum ein als zu früheren Zeiten und erlaubt kaum noch ausreichend Tiefgang oder Spezialisierung. Leisten Polizistinnen oder Polizisten direkt nach ihrer Ausbildung zunächst ihren Dienst als Schutzpolizistinnen oder -polizisten ab und begeben sich erst später in den kriminalpolizeilichen Dienst, so ist das wenige kriminalpolizeiliche Wissen größtenteils wieder vergessen. Hinzu treten neue Herausforderungen in der kriminalpolizeilichen Arbeit; Wirtschaftskriminalität oder Cybercrime etwa erfordern selbstverständlich andere Methoden der Beweissicherung.
Zu Recht fordern daher seit einiger Zeit der Deutsche Richterbund sowie der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) die Wiedereinführung einer spezialisierten kriminalpolizeilichen Ausbildung. Denn immer häufiger würden durch Polizei und Staatsanwaltschaft Verfahren an die Gerichte übergeben, deren Beweisführung sich nicht als gerichtsfest erweisen würde.
Das Anliegen, eine solche spezialisierte kriminalpolizeiliche Ausbildung zu etablieren, unterstützen wir voll und ganz. Dabei ist die im Antrag der CDU formulierte Einführung einer solchen Ausbildung an der Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg eine mögliche Option, die auch wir uns vorstellen können, weshalb wir dem Antrag heute auch zustimmen.
Langfristig hielten wir es im Hinblick auf die für die kriminalpolizeiliche Ausbildung erforderliche teure Ausstattung der Ausbildungsstätten für sinnvoll, wäre jene Option realisierbar, mit welcher sich die sogenannte Sicherheitskooperation Ost aus den Ländern Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen in ihrer von Brandenburg geleiteten Arbeitsgruppe „Aus- und Fortbildung von Kriminalpolizisten“ bereits befasst hat: Eine gemeinsame kriminalpolizeiliche Ausbildung aller fünf Bundesländer an einem Standort. Oranienburg zum Beispiel wäre dabei keine schlechte Wahl. Der hierzu im November 2017 in der Sitzung des Ausschusses für Inneres und Kommunales zusammengefasste Zwischenbericht lässt jedoch vermuten, dass eine solche länderübergreifende Kooperation auf dem Gebiet der Kriminalistinnenausbildung eher eine Sache von Jahren als von Monaten sein wird. Handlungsbedarf besteht allerdings zeitnah, denn – auch der vorliegende Antrag fordert hier unverzüglich geeignete Maßnahmen – wir müssen bestehendes kriminalistisches Erfahrungswissen jetzt sichern und nicht erst in ein paar Jahren, denn sind unsere besten Leute erst einmal in den Ruhestand verabschiedet worden, könnte wertvolles Wissen verloren gegangen sein.
Im Brandenburgischen Innenministerium hat ein Umdenken in Richtung Kriminalistenausbildung bereits vor einiger Zeit eingesetzt. Ein solches Umdenken ist ja jetzt auch dem Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen zu entnehmen. Wir denken aber, Brandenburg sollte jetzt schon an seiner Fachhochschule entsprechende Schritte einleiten, da eine länderübergreifende Lösung erfahrungsgemäß sehr lange dauern kann.