- Es gilt das gesprochene Wort !
Anrede!
Genausowenig wie der Gesundheitszustand der Bevölkerung proportional zur Zahl der vorhandenen Herzkathermeßplätze ist, genauso wenig lässt sich die Kriminalitätsbelastung an der Zahl der zirkulierenden Streifenwagen oder unbereinigten Interventionszeiten festmachen. Würde die Zahl der Straftaten im Land deutlich sinken, wäre es der Bevölkerung vermutlich egal, ob in Brandenburg rund um die Uhr 160, 124 oder gar nur 96 Funkstreifenwagen zur Verfügung stünden. Zumindest bei den Straftaten, die die Bürger und Bürgerinnen besonders verunsichern, da sie schmerzhaft in die Privatsphäre eingreifen wie Haus- und Wohnungseinbrüche und Autodiebstähle. Zunehmende Cyberkriminalität ist dagegen noch nie der Medienkracher gewesen.
Nun steigt aber die Zahl der Einbruchsdiebstähle, die der Wohnungseinbrüche, die der Einbrüche in Einfamilienhäuser und Villen und die der Autodiebstähle weiter an. Im Vergleich zum 1. Halbjahr 2012 wurde in den ersten 6 Monaten 2013 bei den Autodiebstählen eine Zunahme von 4,3%, bei den reinen Wohnungseinbrüchen von 7% und bei den gesamten Einbruchsdelikten eine Zunahme um 10% verzeichnet. Einige besonders betroffene Speckgürtelgemeinden registrierten im 1. Halbjahr 2013 mehr Wohnungseinbrüche als im gesamten Vorjahreszeitraum. Dies beunruhigt und schafft erheblichen Handlungsdruck, auch wenn die bescheidenen Aufklärungsquote um 2 Prozentpunkte auf 17,2 % angestiegen ist und sich neben den 7 % in Berlin geradezu astronomisch ausnimmt.
Die Zahlen sind also, wie sie sind, die Sorgen in der Bevölkerung nehmen zu, der öffentliche Diskurs gewinnt weiter an Lautstärke und außerdem stehen Landtagswahlen ins Haus. Und da muss sich die Landesregierung und speziell der Innenminister schon einige Fragen gefallen lassen:
- Wie kann es sein, dass bei einer Gesamtstärke von 8250 Beschäftigten – ich erinnere nochmals daran, dass dies weit über allen gehandelten Zielzahlen liegt, seien es die 7400 von Herrn Woidke, die vermuteten 7800 oder die 8000 aus dem CDU-Konzept – der Wach- und Wechseldienst in einigen Bereichen die problematischen Zielstärken für 2020 schon unterschreitet? Seit den Zeiten von Herrn Schönbohm hat uns jeder Innenminister versichert, Ziel von Reformen wären straffere und effizientere Führungsstrukturen – die berühmten wenigen Häuptlinge bei weiterhin vielen Indianern. Nun wird geklagt über aufgeblähte Stabs- und Führungsdienste auf Kosten des operativen Geschäftes.
Wer hat da bei der Umsetzung geschlafen?
- Dass das Krisenmanagement bei der Grenzkriminalität mit dauerhafter Abordnung von Einsatzhundertschaften woanders Lücken entstehen lassen würde, war absehbar. Warum es in Größenordnungen zu Abordnungen aus dem Streifendienst kam und welche Löcher dadurch gestopft werden sollten, bedarf näherer Erläuterung.
- Wenn beklagt wird, dass auch wenig frequentierte Reviere rund um die Uhr besetzt sein müssten, um Waffen zu bewachen und dies Personal binde, warum ist man bei der Sicherung der Immobilien nicht weitergekommen?
- Wenn der Innenminister sich darüber freut, dass der inakzeptabel hohe Krankenstand von durchschnittlich 35 Tagen im Jahr – im Havelland werden gar 48 Tage gemeldet!!! – sich „immerhin nicht erhöht“ habe, so kommt dies einem Offenbarungseid gleich. Statt planvoller Personalentwicklung und Gesundheitsförderung sorgt hektisches Krisenmanagement für noch mehr Frust und Demotivation.
- Wenn der Innenminister Fehlentwicklungen mit Unterbesetzung des Streifendienstes korrigieren will, so ist dies sicher zu begrüßen, es dürfen dabei aber durch Umschichtungen keine neuen Löcher gerissen werden. Von der absurden Idee, Kripobeamte auf Streife zu schicken, hat man sich ja jetzt glücklicherweise distanziert. Ohne eine qualitativ hochwertige polizeiliche Ermittlungsarbeit ist Kriminalitätsbekämpfung undenkbar. Dass jetzt fast der komplette Absolventenjahrgang der Fachhochschule der Polizei zur Unterfütterung des Streifendienstes vorgesehen ist, entzieht der Kripo aber dringend benötigten Nachwuchs und kann auch nicht als nachhaltig angesehen werden.
Insgesamt muss sich die Landesregierung jetzt langsam mal entscheiden, wohin die Reise gehen soll. Ende letzten Jahres gesteht der Innenminister, „Unwuchten“ und Fehlentwicklungen ein, zum Auftakt des neuen Jahres erklärt der Ministerpräsident die Polizeistrukturreform zur Chefsache und die ursprünglichen Pläne als nicht mehr realistisch. Das hektische Umfahren von Schlaglöchern, das wenig planvolle Krisenmanagement reicht nicht mehr aus. Wenn die Zielvorgaben nicht mehr stimmig sind, dann kann der Weg dorthin nur zum Irrweg werden.