- Es gilt das gesprochene Wort !
Anrede!
Obwohl wir alle jeden Tag ein wenig älter werden und ältere Menschen in Brandenburg die am stärksten wachsende Bevölkerungsgruppe sind, fehlen realistische Vorstellungen über die Möglichkeiten von älteren Menschen. Dabei zwingt uns eigentlich schon der demografische Wandel die Potentiale älterer Menschen zu sehen und einzubeziehen. Viele ältere und alte Menschen haben umfassende Kenntnisse und Kompetenzen, die wir nicht brachliegen lassen sollten und die wir in Brandenburg unbedingt brauchen.
In der Öffentlichkeit werden eher die Einschränkungen durch das Alter diskutiert. Da geht es um Altersgrenzen für die Rente und die Frage, ob Ältere noch Autofahren können und rechtzeitig ihren Führerschein abgeben, wenn sie nicht mehr fahrtüchtig sind. Bestehende Mindest- oder Altersgrenzen verhindern auch, dass sich Menschen mit ihren Fähigkeiten in die Gesellschaft einbringen können. So sind 16-jährige nicht zu jung, um zu wählen und 59-jährige sind nicht zu alt für einen neuen Beruf. Aber in der Sozialgesetzgebung, beim bürgerschaftlichen Engagement oder im Versicherungswesen bestehen Vorgaben, die sich am Lebensalter festmachen. So gibt es z. B. laut dem „Büro gegen Altersdiskriminierung“ Altersbegrenzungen bei Schreibwettbewerben, bei denen ein maximales Beteiligungsalter von 35 Jahren festgelegt wurde. Diese Abgrenzung ist diskriminierend, weil einE SchreibanfängerIn auch 40 oder 60 Jahre alt sein kann. Wir verdanken wunderbare Literatur solchen SpätbeginnerInnen, wie z. B. die Lebenserinnerungen der Bäuerin Anna Wimschneider – mit dem Titel Herbstmilch – zeigen. Auch Eugen Ruge debütierte als Romanautor mit „In Zeiten abnehmenden Lichts“ im Alter von 57 Jahren.
Wir brauchen eine tiefgreifende Debatte über die Altersbilder in unseren Köpfen. Sie prägen unser Denken und Handel und lassen uns sinnlose Altersgrenzen festschreiben. Damit wollen wir Unterschiede nicht leugnen, sondern gehen davon aus, dass alle Menschen dasselbe Recht auf Teilhabe, Anerkennung und Selbstbestimmung haben und orientieren uns daran, wenn wir Diskriminierungen aufgrund des Alters auflösen wollen.
Eine gute Zusammenstellung von Altersgrenzen in unseren Rechtsvorschriften haben wir dankenswerter Weise durch das 1. Maßnahmenpaket des Seniorenpolitischen Programms „Aktives Altern in Brandenburg“ vorliegen. Diese verdienstvolle Sammlung identifizierte insgesamt 215 altersrelevante Rechtsvorschriften, letztlich wurden 85 Normen einer detaillierten Prüfung unterzogen.
Um zwei Auffälligkeiten herauszugreifen: In Brandenburg können hauptamtliche Bürgermeister oder Oberbürgermeister – beide Begriffe sind im Gesetz nicht gegendert - nur solche Personen werden, die am Tag der Hauptwahl das 25. Lebensjahr, aber noch nicht das 62. Lebensjahr vollendet haben. Obwohl rechtlich nichts gegen eine Absenkung der Mindestaltersgrenze von 25 Jahren spricht, hat der Landtag diese Altersgrenze erst 2012 wieder bestätigt. In einem anderen Gesetz wurde das Alter des Präsidenten – auch hier sind Frauen sprachlich nicht existent – des Landesrechnungshofes auf 40 Jahre festgelegt. Mehrfach wurde im Haushaltskontrollausschuss darüber gestritten, aber Vorschläge zur Aufhebung dieser Altersgrenze wurden bisher ignoriert.
Beide Bespiele zeigen, dass es reichlich unsinnige Altersgrenzen wie Mindestaltersgrenzen in Brandenburger Gesetzen gibt. Deshalb sollten wir die umfangreichen Vorschläge unbedingt einer Bewertung in den verschiedenen Gremien unterziehen. Denn einige Rechtsvorschriften enthalten auch Altersgrenzen, die nicht aufgehoben werden sollten, bzw. nicht aufgehoben werden können. Ich halte die Altersgrenze von 18 Jahren z. B. für eine sehr sinnvolle Altersgrenze, wenn bei der einschlägigen Tätigkeit die volle Geschäftsfähigkeit gegeben sein muss. Aber wir wollen die verdienstvolle Fleißarbeit, als Ergebnis aus dem Seniorenpolitischen Programm entstanden, nicht nur ausgiebig loben und würdigen, sondern sollten uns genauso zügig an die notwendigen Umsetzungsarbeiten begeben und unsinnige Altersgrenzen streichen.
Deshalb haben wir die Überweisung des Berichtes an alle betroffenen Fachausschüsse federführend den AASFF beantragt.