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Ursula Nonnemacher spricht zum Antrag der BVB / FREIE WÄHLER Gruppe „Verwaltungsstrukturreform zurückstellen, um drängendere Probleme zu lösen“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Über den Leitbildentwurf der Landesregierung zur Verwaltungsstrukturreform und das Gesamtvorhaben einer Reform der Landes- und Kommunalverwaltung, wie sie in der letzten Legislaturperiode von der Enquetekommission 5-2 vorgelegt wurde, kann und muss man diskutieren und streiten. Es ist legitim, wenn auch kurzsichtig, das Vorhaben abzulehnen. Ich finde es aber nicht angemessen, die Herausforderungen durch die gestiegenen Zahlen von Flüchtlingen in Brandenburg als Begründung heranzuziehen, um ein langfristiges Reformprojekt zu stoppen.

Natürlich sind unsere Kommunen und das Land mit der Unterbringung und Versorgung der zu uns kommenden Flüchtlinge sehr beschäftigt, aber trotz mancher Improvisation im September und Oktober: das Land und die Kommunen sind handlungsfähig und haben die Kapazitäten, diese und auch andere Herausforderungen zu meistern.

Ich wiederhole es auch an dieser Stelle deutlich: eine Vogel-Strauß-Politik des Wegduckens ist mit uns nicht zu machen. Wir reden bei der Verwaltungsstrukturreform zudem nicht über ein Vorhaben, das heute beschlossen und morgen umgesetzt werden soll, sondern um einen Zeithorizont von 4 bis 5 Jahren! Zu den Kommunalwahlen 2019 soll die Reform in Kraft gesetzt werden und die Funktionalreform erst zum 1.1.2020.

Das Zeitfenster, jetzt grundsätzliche Reformen in der Landes- und Kommunalverwaltungsstruktur anzustreben ist genau das richtige: Auslaufen des Solidarpakts II im Jahr 2019, der Generationswechsel in den Verwaltungen, der eine höhere Flexibilität bei der Zusammenführung von Verwaltungen ermöglicht und die immer stärkeren Auswirkungen des Demografischen Wandels. Es ist von daher auch kein Wunder, dass sich die anderen ostdeutschen Länder schon auf den gleichen Weg gemacht und Verwaltungsstrukturen verändert haben oder wie im Falle Thüringen jetzt dabei sind.

Insofern finde ich es sehr befremdlich, dass sie alle Bevölkerungsprognosen als völlig überholt bezeichnen. Denn die Grundtrends sind in allen Prognosen eindeutig und unstrittig, insbesondere was die unterschiedliche Entwicklung in den einzelnen Landesteilen angeht: Der berlinferne Raum wird EinwohnerInnen verlieren, das Berliner Umland wird weiter wachsen und der Anteil älterer Menschen wird sehr stark ansteigen. Flüchtlinge und Zuwanderer können diese Entwicklung möglicherweise etwas abmildern, aber keinesfalls umkehren. Die Zahlen wurden gestern in der Aktuellen Stunde genannt: von den 36.000 Menschen, die 2015 in Brandenburg ankommen werden, werden geschätzt 10.000 bis 15.000 dauerhaft bleiben. Und die meisten davon werden in den städtischen Zentren und im Speckgürtel bleiben und eher nicht in den ländlichen Gebieten mit rückläufiger Bevölkerung. Gerade dort wäre es so wichtig, ihnen eine Bleibeperspektive aufzuzeigen und zu ermöglichen.

Die Annahme des vorliegenden Antrags, würde uns um Jahre zurückwerfen und kein Problem lösen. Der vermurkste Auftakt und Defizite im Reformprozess sollten uns gerade dazu motivieren, die Landesregierung bei den Sachfragen zu stellen und die eigenen Positionen klar zu machen. So hat es meine Fraktion in der Vergangenheit gehalten, so tun wir es aktuell bei den Anhörungen zur Funktionalreform und so werden wir auch weiterhin an den für die Zukunft unseres Landes wichtigen Themen arbeiten. Was nicht geht, ist die Flüchtlingssituation jetzt zum Anlass zu nehmen, um ein Ende der Arbeiten an einer Verwaltungsstrukturreform zu begründen. Denn wir haben Handlungsbedarf!

Da wir Bündnisgrünen konstruktiv an Problemlösungen für eine gute Zukunft unseres Landes arbeiten wollen, können wir dem vorliegenden Antrag der BVB / Freie Wähler nicht zustimmen.