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Ursula Nonnemacher spricht zu Mindestbedingungen für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften

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- Es gilt das gesprochene Wort! -

Anrede!

Im April 2011 stellte meine Fraktion das Thema der Flüchtlingsunterbringung auf die Tagesordnung des Landtags. Unser Antrag wurde von den Koalitionsfraktionen in einem Entschließungsantrag aufgegriffen und die Landesregierung verfasste den Bericht über die Mindestbedingungen für den Betrieb der Gemeinschaftsunterkünfte. Zusammen mit der FDP Fraktion beantragten wir im März diesen Jahres eine Anhörung zur Unterbringung von Flüchtlingen im Ausschuss Arbeit, Soziales, Frauen und Familie.

Damit sorgten wir für ein Novum im Landtag. Zum ersten Mal beschäftigte sich der Ausschuss ausführlich mit diesem Thema und zusätzlich neu war, dass 45 Flüchtlinge aus verschiedenen Gemeinschaftsunterkünften aufgrund unserer Einladung zur öffentlichen Ausschusssitzung kamen. Sie wollten hören, was über die Gestaltung ihres Lebens beraten wurde!

Aus der Ergebnissen der Anhörung formulierten wir zusammen mit der FDP frühzeitig den Antrag für den Ausschuss "Die Rechte von Flüchtlingen stärken - Bereitstellung von Wohnungen für Flüchtlinge intensivieren! Mindestbedingungen für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften im Land Brandenburg verbessern!"

Flüchtlinge brauchen individuelle und gesellschaftliche Akzeptanz, die ihr Hiersein begleiten. Zu einem Wandel im Umgang mit Flüchtlingen gehört, ihre Eigenverantwortung für ihr Leben in Brandenburg zu stärken. Dazu wollen wir die Unterbringung mit verbesserten Mindesstandards von Anfang an so gestalten, dass sie dem Leben in privaten Wohnungen nahe kommt, Hilfe zur Selbsthilfe bei Wohnungsuche und eine frühzeitig Wohnungsunterbringung ermöglichen.

Besonders wichtig ist aber die Begrenzung der Verweildauer von Flüchtlingen in den Gemeinschaftsunterkünften. Die Pflicht in Gemeinschaftsunterkünften zu wohnen ist zu begrenzen, damit für die Flüchtlinge eine Perspektive und ein Anspruch auf Auszug besteht. Gegenwärtig entscheiden allein die Ämter, wann Flüchtlinge aus Unterkünften ausziehen dürfen. Jahrelanges Leben in Gemeinschaftsunterkünften ist mehr die Regel denn die Ausnahme. Wir möchten den Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung auf 3 Monate und den in Gemeinschaftsunterkünften auf maximal 9 Monate begrenzen. Für besonders Schutzbedürftige nach der EU Richtlinie 2003/9/EG ist eine sofortige Wohnungsunterbringung sicherzustellen.

Wir wollen, dass Kommunen und Landkreise gemeinsam mit den Akteuren auf kommunaler Ebene ein Stufenkonzept zur Wohnungsunterbringung der Flüchtlinge erarbeiten. Für solche Planungen brauchen wir Daten und Zahlenmaterial, dass die Landesregierung vorhalten sollte. Weiterhin ist die Verbesserung der medizinischen und psychotherapeutischen Versorgung von Flüchtlingen nötig. Wir treten für die Regelfinanzierung der Beratungsstelle für Traumatisierte und Folteropfer in Fürstenwalde ein. Die Anhörung hat eindringlich ergeben, dass die Anzahl der durch Kriegswirren und Verfolgung traumatisierten Flüchtlinge beträchtlich zugenommen hat. Ein Angebot zur medizinischen und psychotherapeutischen Behandlung müsste in einem Flächenland an mehreren Orten vorgehalten werden. Zum eigenständigen Leben in Brandenburg gehört, dass Flüchtlinge von Anfang an die Möglichkeit zu Deutschkursen haben, die gegenwärtig vielfach nur ehrenamtlich gegeben werden.

Die Koalitionsfraktionen haben im Ausschuss in letzter Minute einen Antrag vorgelegt, in dem sich viele dieser Vorstellungen auch wiederfinden. Wir begrüßen es außerordentlich, dass sich vier Fraktionen dieses Landtages wirklich engagiert für eine Verbesserung der Situation der Flüchtlinge einsetzen. Wir haben etwas Zweifel, was die im Koalitionsantrag gewünschte „langfristige Unterbringung in Wohnungen" denn bedeuten mag. Wir halten unsere Vorschläge da für klarer und mutiger und stellen deshalb unseren Entschließungsantrag erneut zur Abstimmung.

Brandenburg braucht eine beherztere Willkommenskultur für die Flüchtlinge. Dies insbesondere, da wir die unbefriedigende Bundesgesetzgebung im Hinterkopf behalten müssen. Dennoch hoffen wir für die Flüchtlinge, dass sich ihre schwierige Lebenssituation auf der Grundlage des heutigen Landtagsbeschlusses etwas verbessert und wir zu ihrer Integration in ihr neues Leben in Brandenburg beitragen.