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Ursula Nonnemacher spricht zum Antrag "Kinder besser schützen – ein Kinderschutzgesetz für Brandenburg"

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- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Anrede,

in den Antworten der Landesregierung auf die Große Anfrage der CDU wird festgestellt, Kinderschutzinstrumente sind auf der kommunalen Ebene verankert, da es sich um „pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe" handelt. Jedoch unterstützt und analysiert die Landesregierung „Fehler und Unzulänglichkeiten im jeweiligen Hilfesystem".

Das macht hellhörig, welche Fehler und Unzulänglichkeiten gibt es denn im Hilfesystem des Brandenburger Kinderschutzes? Darüber hätte ich gern etwas erfahren. Gab es doch im vergangen Jahr ein totes Baby in Lauchhammer. Wir erfuhren durch die Presse, dass ein dreimonatiges Kind zu Tode gekommen war. Über das kommunale Jugendamt war leider nichts zu diesem Fall zu erfahren, da die Internetseiten des Jugendamtes zeitweise vom Netz genommen wurden. Unsere Kleine Anfrage zum Kinderschutz (Drs. 5/3936) brachte ebenfalls wenig Erkenntnisse. Denn alle Antworten der Landesregierung auf die speziellen Fragen zur Arbeit des Jugendamtes Lauchhammer begannen mit dem Satz: "Die Landesregierung verfügt über keine eigenen Kenntnisse." Lediglich Stellungnahmen des Landkreises Oberspreewald-Lausitz wurden vermittelt.

In der Großen Anfrage wird nach der Personalbemessung der Allgemeinen soziale Dienste (ASD) der Jugendämter gefragt. Aber da die Landesregierung keine „Empfehlungen zur Personalbemessung" plant, und es sich um eine pflichtige kommunale Selbstverwaltungsaufgabe handelt, bleibt offen, welches Personal sich in den Jugendämtern um den Kinderschutz kümmert. Weder wird die Personalbemessung für einzelne Jugendämter ausgewiesen, noch gibt es Quantifizierungen. Deshalb können wir auch nicht wissen, ob es aufgrund der Aufgaben für die Koordination der Netzwerkarbeit zusätzliches Personal in den Kommen gegeben hat. Zudem interessiert doch, was haben die hoffentlich vorhandenen Personalstellen denn mittlerweile für die Umsetzung der Netzwerkarbeit veranlasst? Gab es Vernetzungstreffen? In welchen Kommunen und Landkreisen klappt die Netzwerkarbeit? Wie viele ehrenamtlich arbeitende Personen konnten zur Mitarbeit gewonnen werden? Ist die Netzwerkarbeit flächendeckend in Brandenburg aufgebaut?

Zur professionellen Arbeit im Kinderschutz gehört, das das Netzwerken und die Kooperation der beteiligten AkteurInnen zuverlässig gelingt und tragfähig ineinander greift. Davon kann das Überleben eines Kindes abhängen. Deshalb braucht gelingende und ertragreiche Netzwerkarbeit personelle Ressourcen für Koordination, Planung, Konzeptentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit. Wollen wir weitere Eltern-Kind-Gruppen, Projekte mit Ehrenamtlichen, PatInnen und die Familienbildung unterstützen, dann müssen auch die Mittel für das Personal zur Verfügung stehen.

Solche Antworten finden wir aber nicht in der Großen Anfrage zum Brandenburger Kinderschutz. Meines Erachtens verweisen die Antworten auf die Große Anfrage eher auf eine organisierte Unverbindlichkeit! Es gibt keine einheitlichen Standards für die Bildung von Kinderschutznetzwerken und ebenfalls fehlen verbindliche Qualitätsstandards!

Aus der Großen Anfrage ergibt sich sogar, dass neun (9) von 69 MitarbeiterInnen aus 17 Jugendämtern nach eigenen Angaben, die „Landesempfehlungen zum Umgang und zur Zusammenarbeit bei Kindesvernachlässigung und Kindesmissbrauch sowie bei entsprechenden Verdachtsfällen" der Landesregierung" - auch GRÜNE BROSCHÜRE genannt – nicht kennen!! Die Landesregierung meint, ein Bekanntheitsgrad dieser zentralen Arbeitsanleitung von 87 % sei schon ein positives Ergebnis.

Ich bin mit diesem Ergebnis unzufrieden und will, dass wir die fachliche Kompetenzen im Kinderschutz stärken und vorhandene Strukturen weiterentwickeln. Deshalb prüfen wir im Sinne des Kinderschutzes die beschlossenen Instrumente auch immer wieder auf ihre Praktikabilität und Handhabbarkeit für die MitarbeiterInnen der Jugendämter und Allgemeinen Sozialen Dienste. Nur mit verlässlichen Kooperationsstrukturen kann der Sprung zu einem engmaschigen Kinderschutz gelingen. Hierzu gehört auch die Fachentwicklung auf dem Gebiet der Prävention und der frühen Hilfen.

Aus der Großen Anfrage geht hervor, dass Brandenburg die Bundesmittel des am 1. 1. 2012 in Kraft getretenen Bundeskinderschutzgesetzes nutzen wird, um den Einsatz von Familienhebammen zu finanzieren und die Weiterentwicklung ehrenamtlicher Strukturen und Kinderschutznetzwerke zu fördern.

Wir sind uns alle im Klaren darüber, das Kinder zum Aufwachsen, vor allem vor und nach der Geburt, besondere Aufmerksamkeit - eine Kultur des Hinsehens - brauchen. Deshalb begrüßen wir, dass im Bündnis "Gesund Aufwachsen in Brandenburg" die "Frühen Hilfen und die Pädiatrische Versorgung" auch die Arbeit der Familienhebammen unterstützen wird.

Eine bundesseitige Förderung von Familienhebammen und Hilfe-Netzwerken wird es ermöglichen den Kinderschutz unserer Kleinsten zu verbessern. Die Familienhebammen werden Familien mit besonderem Hilfebedarf unterstützen. Sie werden die Familien je nach Bedarf bis zu einem Jahr begleiten. Die Netzwerke Frühe Hilfen werden im Bereich der besseren Verzahnung von Gesundheitsbereich und Jugendhilfe tätig und werden das Einladungswesen zu den U- Untersuchungen im Auge behalten.

Der Antrag der CDU "Kinder besser schützen - ein Kinderschutzgesetz für Brandenburg" fordert die Landesregierung auf, bis zum 31. Oktober diesen Jahres ein Ausführungsgesetz zum Bundeskinderschutzgesetz vorzulegen. Es müsste schon mit Hexerei zugehen, wenn die Landesregierung diese Terminsetzung erfüllen könnte, aber - wir wollen uns ja nicht an Terminfragen abarbeiten! In der Sache stimmen wir diesem Antrag völlig zu: Ja, wir brauchen ein Kinderschutzgesetz für Brandenburg, ja wir brauchen einheitliche Qualitätsstandards und ein klares Qualitätsmanagement und eine Kinderschutzhotline nach dem Vorbild von Mecklenburg-Vorpommern brauchen wir auch!

Diese Forderung nach einem Kinderschutzgesetz wurde von der Landesregierung bereits im April 2012 abgelehnt, die in Brandenburg vorhandenen Strukturen seien ausreichend. Das sehen wir anders und auch die 180 Grad Kehrtwende der Koalitionsfraktionen verwundert. Hieß es doch im Koalitionsvertrag noch, dass ein Kindergesundheits- und Kinderschutzgesetz in der Koalition vereinbart wurde.

Wir stehen in der Verantwortung, für ein gelingendes und gesundes Aufwachsen unserer Kinder und einen optimalen Kinderschutz zu sorgen. Deshalb werden wir dem Antrag der CDU-Fraktion zustimmen.