- Es gilt das gesprochene Wort ! -
Anrede!
Wir erinnern uns: nach der neuesten Bevölkerungsprognose der Bertelsmannstiftung von Herbst 2011 wird der Anteil der über 80jährigen in Brandenburg bundesweit am stärksten zunehmen: er wird sich bis 2030 nahezu verdoppeln und dann einen Bevölkerungsanteil von knapp 10% erreichen. Bei gleichzeitig sinkendem Anteil der berufstätigen Bevölkerung und jetzt schon bestehendem Fachkräftemangel werden sich künftig Leben und Wohnen Älterer immer weniger durch Institutionen und professionelle Versorgungsleistungen absichern lassen. Hinzu kommt, dass sich die finanzielle Situation der Älteren (Stichwort Altersarmut) und der Kommunen verschlechtern wird und die Heimunterbringung auch an die Grenzen der Finanzierbarkeit stößt. Ganz abgesehen davon, dass sich die überwältigende Mehrheit der Betroffenen wünscht, bis zum Lebensende in der eigenen Wohnung bleiben zu können. Die Förderung von lokalen und regionalen Unterstützernetzwerken, in denen jüngere Alte den Hochbetagten Hilfe und Dienstleistungen anbieten, ist deshalb aus demografischen und finanziellen Überlegungen dringend geboten.
Die Idee der sogenannten Seniorengenossenschaften wurden schon in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Kanada und den USA entwickelt. Sie gingen hervor aus Nachbarschaftsinitiativen, haben aber auch starke Bezüge zu alternativen Wirtschaftsmodellen wie Tauschringsystemen oder Zeitbanken. Das große geistige und körperliche Potential rüstiger Älterer, die über viel Zeit verfügen, wird genutzt zur Unterstützung hilfebedürftiger Hochbetagter. Der Grundgedanke der Seniorengenossenschaft besteht darin, sich in aktiven Zeiten als Leistungsgeber einzubringen und Zeitboni anzusparen. Diese können dann später bei eigener Hilfebedürftigkeit eingelöst werden. In Deutschland erhielt diese Idee Auftrieb, als auf Initiative des damaligen Ministerpräsidenten Lothar Späth das Land Baden-Württemberg bereits 1990 ein Modellprogramm für Seniorengenossenschaften ausschrieb.
Die Seniorengenossenschaften stellen ein Zwischending zwischen ehrenamtlicher Tätigkeit, dem Leistungsaustausch auf Verrechnungsbasis der Tauschringe und einer Teilvergütung von Arbeitsleistungen dar. Manche dieser Initiativen haben sich als erfolgreich erwiesen, andere sind nach kurzer Zeit eingeschlafen. Verbreitet sind Kooperationen mit professionellen Anbietern, eine Ausweitung des Dienstleistungsangebotes und auch die Zahlung von Entgelten statt reiner Zeitboni. Anhaltend ist aber das Interesse an solchen Initiativen, die entweder als selbständige gemeinnützige Vereine, manchmal auch angegliedert an Seniorenbeiräte oder Agenda 21-Gruppen agieren.
Ich will das Modell „Seniorengenossenschaft" nicht idealisieren, viele Schwachpunkte wurde ja auch schon angesprochen. Es wird allein nicht unsere Probleme einer immer älter werdenden Gesellschaft lösen. Aber das Motto von 1990 „Nicht die Alten sind das Problem, sie sind die Lösung des Problems" ist immer noch aktuell und trifft den Nerv einer RentnerInnengeneration, die noch nie so gesund, so gebildet und so aktiv war und weiterhin sich am gesellschaftlichen Leben beteiligen möchte.
So ist es richtig und zu begrüßen, dass die Förderung von Netzwerken „Ältere für Ältere" als Maßnahme Nr. 24 im seniorenpolitischen Maßnahmenpaket der Landesregierung auftaucht. Der dort in Aussicht gestellte Leitfaden soll als Impulsgeber für vorhandene und zukünftige Initiativen dienen. Das im Antrag der CDU geforderte Konzept zur Unterstützung von Gründungen von Seniorengenossenschaften geht in die gleiche Richtung.
Wenn zwei Akteure dasselbe fordern und diese Forderung richtig ist, dann kann man - wie die Mehrheit hier – die Schlussfolgerung ziehen, diesen Antrag abzulehnen. Unsere Fraktion zieht die Schlussfolgerung, dass wir diesen Antrag unterstützen werden.