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Ursula Nonnemacher spricht zum Antrag "Stellenbedarf der Polizei jetzt neu feststellen"

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- Es gilt das gesprochene Wort !

(Autorin der Rede: Ursula Nonnemacher. In Stellvertretung vorgetragen von: Marie Luise von Halem

Anrede!

Seit Beginn der Diskussion um die Polizeistrukturreform zu Beginn dieser Wahlperiode sind wir Grüne nicht müde geworden zu betonen, dass wir uns zwar der Notwendigkeit von Reformen nicht verschließen, aber einen derart drastischen Personalabbau, der sich auf fragwürdiges Benchmarking statt auf Aufgabenkritik stützt, scharf kritisieren. Ebenso haben wir unsere Kritik am Standortkonzept hier immer wieder vorgetragen. Die Aufforderung in diesem Antrag, den Bericht der Bosch-Kommission und insbesondere das Personalentwicklungskonzept kritisch zu hinterfragen und den Stellenbedarf fachlich begründet zu überarbeiten, hat die gesamte Opposition immer wieder erhoben. Insofern können wir wesentlichen Teilen dieses Antrags zustimmen.

Wo wir nach wie vor nicht mitgehen können, sind diese ideologisch motivierten Weltuntergangsszenarien, die Sie uns jetzt zum dritten Mal in diesem Jahr bieten. Liebe CDU – so langsam machen wir uns Sorgen um Sie!

Sie nehmen die politische Farbenlehre offensichtlich sehr ernst, denn Sie etablieren sich hier immer mehr als Schwarzmaler der Nation.

Das von Ihnen beschriebene Szenario löst bei mir zunehmend Befremden aus – Sie reden immerhin von „dramatischen, zum Teil historisch schlechten Ergebnissen der Kriminalitätsbelastungs- und Aufklärungsbilanz", von einer „explodierenden Kriminalitätsbelastung", von „drastisch gesunkenen Aufklärungsquoten" und einer insgesamt „dramatischen Entwicklung". Dabei hat die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2011 ergeben:

die Gesamtkriminalität ist gesunken

die Gewaltkriminalität ist gesunken

die politisch motivierte Kriminalität ist gesunken

und die Jugendkriminalität ist gesunken.

Lassen Sie uns die Dinge also ein bisschen differenzierter betrachten!

Ja, es gibt eine Menge Probleme wie die grenzüberschreitende Kriminalität, die gesunkene Aufklärungsquote, mehr Diebstahlsdelikte, eine höhere Internet- und Rauschgiftkriminalität. Diese Probleme haben Ursachen in Brandenburg, in der Bundesrepublik und in der Entwicklung der organisierten Kriminalität im gesamten mittel- und osteuropäischen Raum. Sich jetzt um die Ohren zu hauen, ob der Personalabbau unter Rot-Schwarz oder der jetzt einsetzende Personalabbau unter Rot-Rot Schuld an der Misere habe, bringt uns sicher nicht weiter.

Ist die Besorgnis erregende Aufklärungsquote vielleicht eine Folge der Verunsicherung im letzten Jahr durch die Umstrukturierung der Polizei? Das hat viel Kraft und Aufmerksamkeit gekostet. Erholt sich die Aufklärungsquote wieder, wenn die neuen Strukturen wirksam werden? Handelt es sich um ein temporäres Problem oder um ein systematisches?

Was müssen wir tun? Sicher ist, dass die kriminalpolizeiliche Ermittlungsarbeit gerade in den Problembereichen und die operative Polizeiarbeit momentan nicht weiter geschwächt werden sollten. Das Kerngeschäft muss gestärkt werden, Probleme können nicht durch die Verlagerung von Bereitschaftspolizei dauerhaft gelöst werden. In diesem Zusammenhang erneuern wir unsere Kritik an Prestigeobjekten wie dem Polizeiorchester und der Sportfördergruppe.

Mit unseren Nachbarn in Polen, aber auch anderen osteuropäischen Staaten, müssen wir besser zusammen arbeiten. Dabei möchte ich betonen, dass die grenzüberschreitende KFZ-Kriminalität kein Problem der Grenzregionen oder der ostdeutschen Länder allein ist. Das ist das klare Ergebnis des aktuellen Lagebildes: Besonders betroffen seien nicht nur die Grenzregionen von Brandenburg und Sachsen, sondern auch die Ballungsräume Berlin, Hamburg und Hannover sowie einige Gebiete Nordrhein-Westfalens. Und wir begrüßen, dass sich die Innenministerkonferenz der KFZ-Diebstähle angenommen hat.

Der Beschluss der IMK sieht die Entwicklung gemeinsamer Lagebilder und eines länderübergreifenden Fahndungskonzepts sowie die Stärkung der Prävention vor. Ferner wurden ein europaweiter polizeilicher Datenaustausch, der Auf- und Ausbau einer "Expertenstruktur" im Bereich der Bekämpfung der Kfz-Kriminalität und die Entwicklung einer bundesweiten Fortbildungskonzeption beschlossen.

Ergo: Der vorliegende Antrag ist im Kern richtig, wenn wir uns auch weiterhin rhetorische Abrüstung und weniger Schwarzmalerei wünschen. Besinnen Sie sich Ihrer neuen Farbe Orange: die soll nach Erschöpfung aufbauend wirken!