- Es gilt das gesprochene Wort ! -
Anrede!
Das behindertenpolitische Maßnahmenpaket zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen enthält einige gute Ansätze, die die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen verbessern werden. Es sind aber auch viele Maßnahmen zu finden, wo wir GRÜNEN denken, da muss sich die Landesregierung beherzter einsetzen und nicht die Umsetzung von Maßnahmen wegen finanzieller Mittel gleich wieder in Frage stellen.
335.000 Brandenburger Bürger und Bürgerinnen mit Behinderungen bekommen von der Landesregierung ein behindertenpolitisches Maßnahmenpaket vorgelegt, dessen konkrete Umsetzung erst durch die Neufassung des Behindertengleichstellungsgesetzes garantiert werden würde. Das Gesetz wird wohl erst im Frühjahr 2012 kommen. Ich frage mich, was die Landesregierung hindert die Novellierung des Behindertengleichstellungsgesetzes zeitgleich vorzulegen, zumal die Vorarbeiten zur Novellierung seit Jahren laufen.
Im Maßnahmepaket habe ich das Handlungsfeld 8 „Bewußtseinsbildung, Partizipation und Interessenvertretung" gefunden. Dort wird meine Frage beantwortet. Unter Punkt 8.5. findet sich die Novellierung des Brandenburgischen Behindertengleichstellungsgesetzes (BbgBGG) als Maßnahme formuliert! Das MASF wird ab 2011 „Im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel" die als Maßnahme deklarierte Novellierung des Behindertengleichstellungs-gesetzes durchführen! Bei der Vorlage des Behindertengleichstellungsgesetzes könnte es 2011 an den verfügbaren Haushaltsmitteln gehapert haben oder anders gesagt, die Landesregierung behindert sich selbst!! Das finden wir überhaupt nicht akzeptabel und überdies merkwürdig. Die Novellierung des Behindertengleichstellungsgesetzes macht eine umfangreiche Überarbeitung von Gesetzen nötig, viele Rechtsvorschriften sind anzupassen, das alles kann doch nicht unter dem Vorbehalt der verfügbaren Haushaltsmittel passieren.
Nun ist es ja ein offenes Geheimnis, dass die Kommunen bezüglich der Novelle des Brandenburgischen Behindertengleichstellungsgesetzes an höchster Stelle, nämlich in der Staatskanzlei, interveniert haben. Schon die prinzipielle Einbeziehung der Kommunen in den Geltungsbereich des Gesetzes und sei es durch so unverbindliche Zielvorgaben wie des „Darauf Hinwirkens" werden als Bedrohung empfunden und mit der Konnexitätskeule geahndet.
Nehmen wir ein anderes Handlungsfeld: Arbeit und Beschäftigung.
Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für Menschen mit Behinderung ist die Integration in das Erwerbsleben. Sie ermöglicht eine eigenständige ökonomische Existenz. In Brandenburg leben 98.516 Menschen mit Schwerbehinderung im erwerbsfähigen Alter von 18-65 Jahren. Ca. 4,7 Mio. werden im Zeitraum von 2009 bis 2014 für die Berufsorientierung und betriebliche und außerbetriebliche Ausbildung von jungen Menschen mit Behinderung zur Verfügung gestellt. „Die Landesregierung wirkt darauf hin, dass Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf zukünftig verstärkt die Möglichkeit einer Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erhalten, insbesondere durch Beschäftigung in Integrationsprojekten". Das erscheint widersprüchlich. Ein „inklusives Brandenburg" soll über Beschäftigung in Integrationsprojekten erreicht werden, in denen mindestens 25% Menschen mit einer Schwerbehinderung arbeiten, deren Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf besondere Schwierigkeiten stößt. Jedoch sprechen wir hier von Inklusion. Klappt diese Inklusion ins Arbeitsleben nicht, sind die aufgezählten Maßnahmen lediglich ein aufgeblasener Papiertiger ohne Sprungkraft.
Wohl niemand hat die Kritik am Behindertenpolitischen Maßnahmepaket derartig treffend zusammengefasst wie der Landesbehindertenbeirat selber, weshalb ich meine Rede mit einem Zitat aus dessen Stellungnahme an das MASF enden lassen möchte:
„Der Landesbehindertenbeirat empfiehlt der Landesregierung, den Maßnahmenkatalog insgesamt zu straffen und auf nachvollziehbare, finanziell unterlegte Aktivitäten mit der Formulierung von Teil- und Endzielen sowie Terminvorgaben zu beschränken. Der Verlust an behindertenpolitischer Breite würde durch die spür- und messbare Verbesserung der Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen mehr als aufgewogen".
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.