Zum Inhalt springen

Hinweis: Diese Website wird nicht mehr aktualisiert und dient als Archiv. Weitere Informationen →

Ursula Nonnemacher spricht zum bündnisgrünen Gesetzentwurf zur Änderung wahlrechtlicher Vorschriften

>>> Redemanuskript als pdf

>>> der Gesetztentwurf als pdf

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Anrede!

Wir hätten hier auch auf die Debatte verzichten können. Der Sachverhalt ist simpel. Aber gut, ich erläutere ihn gerne:

Menschen, die irgendwann mal bei Kommunal- oder Landtagswahlen kandidiert haben, müssen hierzulande damit leben, dass ihre Privatadresse nicht nur aktuell, sondern auch noch Jahre später im Rahmen der Wahlinformationen im Internet zu finden ist. Das widerspricht aus unserer Sicht dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Deshalb wollen wir, dass auf den Bekanntmachungen der Wahlvorschläge und den Stimmzetteln künftig nur noch der Wohnort der BewerberInnen steht, ggf. erweitert durch den entsprechenden Ortsteil. Ohne Straße, ohne Hausnummer.

Was die Öffentlichkeit der eigenen Wohnadresse bedeuten kann, brauche ich hier sicher nicht zu erläutern, dazu haben Sie genug Fantasie. Ich selbst fand es vor vielen Jahren nicht sehr komisch, meine Privatadresse auf einer Potsdamer Neonazi-Website zu finden. Während all meiner Zeit als Landesgeschäftsführerin und Wahlkampfmanagerin der Bündnisgrünen bin ich mit einer Unmenge vergleichbarer und auch noch weniger erfreulicher Fälle konfrontiert worden. Datenschützer sehen das schon lange kritisch.

Auf der anderen Seite kann man argumentieren, Bürgerinnen und Bürger hätten ein Recht darauf, zu wissen, wo genau (und damit natürlich auch: wie!) eine Politikerin wohne, dass müsse man bzw frau als Politikerin eben aushalten. Das ist richtig, aber ich finde, das soll jeder selbst entscheiden dürfen!

Und das spricht auch nicht gegen unseren Gesetzentwurf, denn

  1. geht es nicht nur um die, die im Ergebnis einer Wahl tatsächlich politische Ämter übernehmen. Es geht auch um all diejenigen, die auf hinteren Plätzen von Listen kandidieren, ohne reale Aussicht auf einen Sitz in einer Gebietskörperschaft, nur um einfach mal politische Unterstützung deutlich zu machen.
  2. gibt es mittlerweile genügend Mittel und Wege, die eigene Identität inklusive Privatdresse, Familienfotos und präferierter Zahncreme und wer weiß was noch alles im Internet zu veröffentlichen. Für alle, die das wollen.

Überlassen wir es jeder und jedem Einzelnen, selbst zu entscheiden, wie sie oder er sich öffentlich macht. Nehmen wir informationelle Selbstbestimmung ernst!