- Es gilt das gesprochene Wort !
Anrede!
Ich muss zugeben, dass der hier vorgelegte Gesetzentwurf zur Übertragung von allgemeinpolizeilichen Eilkompetenzen an Beamte der Zollverwaltung bei mir widersprüchliche Gefühle auslöst. Zunächst ist es natürlich erst einmal begrüßenswert, wenn bei drastisch steigenden Diebstahls- und Einbruchsdelikten und einer sich bedenklich verschlechternden Aufklärungsquote alle Möglichkeiten ventiliert werden, Abhilfe zu schaffen. Wenn Zollbeamte momentan in abgelegenen Gebieten einen Verdächtigen stellen, haben sie nach augenblicklicher Rechtslage womöglich ein Problem mit der Rechtsmäßigkeit ihres Amtshandelns. Sie müssen warten, bis die ggf. weiter entfernt bei einem anderen Einsatz gebundenen Polizeikräfte eintreffen. Dies ist unbefriedigend im Sinne der Verbrechensbekämpfung und spricht für eine Übertragung der allgemeinpolizeilichen Eilkompetenz, um die Amtshandlung der Zollbeamten auf eine rechtlich einwandfreie Basis zu stellen.
Ein weiteres Argument, was für den Gesetzentwurf spricht, ist die fachlich enge Beziehung zwischen Zollfahndungsaufgaben und polizeilichen Aufgaben gerade im Bereich der Wirtschaftskriminalität. Oft ist es auf den ersten Blick gar nicht möglich zu beurteilen, ob eine aufgegriffene Ladung auf einem LKW in polizeiliche Zuständigkeit fällt oder eine Zollangelegenheit ist. Hier könnten kontraproduktive kleinteilige Zuständigkeitsdebatten, an denen wiederum die Rechtmäßigkeit des Amtseingriffes hängt, vermieden werden.
Soweit die positiven Aspekte.
Unangenehm stößt mir allerdings auf, dass die Befugniserweiterung für ZollbeamtInnen zu einer Zeit kommen soll, in der die Polizei nach Umstrukturierungen, Reformprozessen und Personalabbau in Permanenz offensichtlich nicht mehr in der Lage ist, ihr Kerngeschäft in ausreichender Qualität zu bedienen. Insgesamt drängt sich der Verdacht auf, dass der Personalabbau bei der Polizei in Brandenburg durch Bundesbedienstete kompensiert werden soll.
Diese Befürchtung hat auch der Bundesinnenminister Friedrich (CSU) geäußert (wer hätte gedacht, dass wir mal einer Meinung sind!), ich darf ihn zitieren:
„Die Bekämpfung der allgemeinen Kriminalität ist Aufgabe der Länder. Wir unterstützen die Länder im Rahmen unserer Möglichkeiten wo immer es geht. Aber wir haben ein eigenes Aufgabenspektrum. Wir können nicht strukturelle Mängel, die es bei Länderpolizeien gibt, durch den Einsatz der Bundespolizei ausgleichen. Wenn bestimmte Dienststellen unterbesetzt sind und Bereiche personell ausgedünnt werden, dann kann man nicht einfach mal nach dem Bund rufen."
Wir haben in den langen Debatten um die Polizeistrukturreform Brandenburg 2020 immer davor gewarnt, sich auf eine willkürlich festgelegte Zielzahl von 7000 Polizeibeamten festzulegen. Angesichts steigender Kriminalitätsbelastungen in einigen Regionen Brandenburgs und der grottenschlechten Aufklärungsquote rudert jetzt der Innenminister zurück. Es freut mich zu hören, dass man nun die politische Zielzahl in Frage stellt und doch von den konkreten Aufgaben ausgeht, um die Personalstärke bei der Polizei festzulegen. Die Aussage: „Wir werden die Polizisten haben, die wir brauchen", ist ja durchaus ermutigend. Weiter so!
Die Änderung des Polizeigesetzes sollte nicht als Alibi und Kompensation für den Personalabbau bei der Polizei, sondern zur sinnvollen Unterstützung einer schlagkräftigen Polizei in der Grenzregion dienen. Insofern lautet die erste Hausaufgabe des Innenministers, dafür zu sorgen, dass dauerhaft so viele Polizeibeamte und -beamtinnen im Einsatz sind, wie für die Gewährleistung der Sicherheit benötigt werden. Dass auch der Bundesinnenminister auf weiteren Personalabbau bei der Bundespolizei verzichten will, ist für die unter den organisierten Diebesbanden leidenden Länder ein gutes Zeichen. Ebenso wie die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Polen und Deutschland und die für den Herbst angekündigte Sicherheitkonferenz beider Länder unter Einbeziehung von Landes- und Bundespolizei, Zoll und Grenzschutz.
Die Befugniserweiterung für Zollbeamte ist im Rahmen dieser konzertierten Aktion vermutlich sinnvoll. Die Überweisung zur weiteren Diskussion befürworten wir.