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- Es gilt das gesprochene Wort ! -
Anrede!
Ja, es ist richtig: in dieser Wahlperiode wurde in Brandenburg in Punkto Flüchtlingspolitik eine ganze Menge angepackt, mehr als in vielen langen Jahren zuvor. Die Lockerung der Residenzpflicht durch Vereinbarung mit dem Land Berlin 2010, die lange und produktive Debatte im Landtag über die Änderung der Mindestbedingungen für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften und sozialer Betreuung im Jahr 2011, der Runderlass von Minister Baaske zur Auszahlung von Bargeld statt Gutscheinen sowie die Unterstützung von Bundesratsinitiativen zur Abschaffung des Flughafenasylverfahrens und zur Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes sind in ihrer Signalwirkung nicht geringzuschätzen.
Für uns GRÜNEN stellt Menschenrechts- und Flüchtlingspolitik seit Bestehen der Partei einen Schwerpunkt dar und wir haben uns auch in Brandenburg immer wieder zu Wort gemeldet und manche Initiative angeschoben. Wir stellen aber auch erfreut fest, dass sich mittlerweile alle Fraktionen in diesem Haus und die Mehrzahl der Landkreise gemeinsam bemühen, Verbesserungen im Sinne der Betroffenen voranzubringen.
Ungeachtet der schwierigen Situation auf Bundesebene bleibt aber im eigenen Beritt noch eine Menge zu tun. Gutgemeinte Ankündigungspolitik ist zu wenig, es müssen jetzt wirklich Taten folgen. Bei der Verbesserung der Wohnsituation und Unterbringung in Wohnungen stehen wir noch ganz am Anfang. Ein ganz besonders eklatantes Beispiel ist der unterschiedliche Umgang mit dem unwürdigen Gutscheinunwesen für Asylbewerber_innen in den Landkreisen Brandenburgs. Da gibt ein Mitglied der Landesregierung einen Runderlass heraus, der die Auszahlung von Bargeld durch Ausschöpfung von Ermessenspielräumen als rechtskonform mit dem Asylbewerberleistungsgesetz herausstellt und trifft auf erbitterten Widerstand z.T. durch eigene Parteifreunde. Da verkündet die Landesregierung, sie favorisiere Bargeld vor Sachleistungen, da fassen überfraktionelle Mehrheiten in Kreistagen Beschlüsse und erfahren dann von einem anderen Mitglied der Landesregierung, dass sie überhaupt nichts zu sagen haben. Nein, liebe Landesregierung, so geht das nicht! Das verstehen wir nicht unter Schaffung von mehr Rechtssicherheit!
Ein ähnliches Beispiel ist die Lockerung der Residenzpflicht, auch hier wurden die in sie gesetzten Erwartungen bei weitem nicht erfüllt. Das in der Landesverfassung verankerte Recht auf Freizügigkeit für alle Menschen ist für viele Asylbewerber_innen weiterhin Theorie. Wegen zu vielen Ausschlussgründen, u.a. der dubiose Verletzung der Mitwirkungspflichten, sind je nach Landkreis bis zu 50% der Betroffenen von Erleichterungen ausgeschlossen. Länderübergreifende Regelungen über Berlin hinaus und Lockerungen für Asylsuchende in der Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstatt bleiben zusätzlich auf der Agenda.
Um zu viele Ausschlussgründe, die das Schicksal der Betroffenen erschweren, geht es auch in unserem Entschließungsantrag zur Modernisierung der Härtefallkommissionsverordnung, den wir passend zum Thema dieser aktuellen Stunde vorlegen. Es würde die Flüchtlingspolitik in diesem Land auch ein wenig verbessern, wenn die Anrufung der Kommission, die ja gerade in Einzelfällen besondere persönliche oder humanitäre Notlagen beurteilen soll, nicht durch zu viele Ausschlussgründe verhindert wird. Gerade bei der Gruppe der Menschen mit langjähriger guter Integration verhindern z.T. jahrzehntelang zurückliegende falsche Angaben oder mangelnde Mitwirkung, dass eine aufenthaltsrechtliche Lösung durch Vermittlung der Härtefallkommission gefunden werden kann. Nachteile erwachsen durch die Lockerung der Ausnahmetatbestände nicht, da das Prinzip der Selbstbefassung einen Schutz vor missbräuchlicher Anrufung der Härtefallkommission darstellt. Wir bitten daher die Landesregierung, bei der aktuellen Überarbeitung der Härtefallkommissionsverordnung die im Antrag aufgeführten Vorschläge wohlwollend zu prüfen.
Die vorgelegten Entschließungsanträge zur Verbesserung der Unterbringungs- und Betreuungssituation in der Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt unterstützen wir ganz nachdrücklich. Viele wichtige Punkte, die der Innenausschuss bei seinem Besuch am 16.8. mitgenommen hat, sind dabei berücksichtigt und aufgegriffen worden. Dass der notwendige Neubau des Familienhauses der ZAST auf Antrag der Koalitionsfraktionen vorgezogen und dies auch haushaltärisch untersetzt wird, findet ebenfalls unsere volle Zustimmung.
Unserem gemeinsamen Anliegen, die Flüchtlingspolitik zu verbessern, müssen wir uns auf allen Ebenen und immer wieder konsequent stellen: das reicht von einem Mentalitätswandel im Kopf über die konsequente Bekämpfung des menschenverachtenden Rechtsextremismus, von der Eigeninitiative im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung und der Gestaltung der Landesgesetzgebung bis hin zur maximalen Ausschöpfung bundesrechtlicher Bestimmungen. Wir GRÜNEN bleiben dran!