- Es gilt das gesprochene Wort !
Anrede!
Bereits in der 1. Lesung hatte ich große Bedenken geäußert, ob wir die Maßnahmen der automatischen Kennzeichenfahndung, Handy-Ortung und Verkehrsdatenabfrage überhaupt benötigen. Ähnliche Bedenken hatte die Fraktion Die Linke früher auch, mittlerweile seltsamerweise nicht mehr, aber das wurde schon zur genüge thematisiert. Ich möchte nur noch einmal den Kollegen Dr. Scharfenberg aus der 1. Lesung zitieren:
„Nicht alles, was aus Sicht der Polizei wünschenswert ist, darf hier eingeräumt werden. Das gilt auch und gerade für das Mittel der Handyortung, das bei unbegrenzter Nutzung eine komplette Überwachung ermöglichen würde. Die konkreten Anwendungsbeispiele aus Brandenburg zeigen aber, dass Handyortung fast ausschließlich genutzt wurde, um hilflose und gefährdete Personen aufzufinden. Dagegen lässt sich schwerlich etwas einwenden, und in Berlin konzentriert sich die gesetzliche Regelung nur auf solche Fälle. Wir sollten überlegen, ob wir in Brandenburg auch eine solche Eingrenzung vornehmen."
Auch wir haben so etwas überlegt und machen einen entsprechenden Vorschlag. Dieser basiert auf den Erkenntnissen aus der Anhörung. Denn die sehr kurzfristig im Innenausschuss durchgeführte Anhörung hat die eben angesprochenen Bedenken eher bestätigt als ausgeräumt. Unstrittig unter den Experten war lediglich die Handy-Ortung von vermissten, hilflosen oder suizidgefährdeten Personen. Alles andere wurde von der Mehrheit der Anzuhörenden aus den verschiedensten Gründen kritisch gesehen. Denn mittlerweile wird die automatische Kennzeichenfahndung fast täglich eingesetzt! Wir fragen uns: Ist dies bei einer Trefferquote von 2,62% und gleichzeitigem Eingriff in die Rechte unbescholtener Bürger (worüber sie nicht einmal informiert werden!) gerechtfertigt? Auch wurde in der Anhörung darauf hingewiesen, dass der frühere SPD-Innenminister von Schleswig-Holstein Lothar Hay die automatische Kennzeichenfahndung als ungeeignetes Mittel einordnete.
Des Weiteren finde ich die Tatsache sehr spannend, dass das CDU-geführte Innenministerium im Saarland offensichtlich kein Problem damit hat, die Kennzeichenerfassung wieder zu streichen, so steht es zumindest im Koalitionsvertrag. Sachsen wollte die Kennzeichenerfassung im Jahre 2008 einführen, der Landtag hat das aber gestoppt – für mich eine Sternstunde der Gewaltenteilung!
Konsequenterweise haben wir einen entsprechenden Änderungsantrag eingebracht, der sich am Berliner Vorbild orientiert und sowohl die befristeten Maßnahmen als auch die Telekommunikationsüberwachung streicht. Unserer Ansicht nach reichen die Maßnahmen der Strafverfolgung für diese Fälle vollkommen aus, denn die Kennzeichenfahndung wird sowieso zu 94% bei Kfz-Diebstählen eingesetzt. Und in Extremsituationen kann sich die Polizei auch auf Notstand berufen und ist damit handlungsfähig. Die als Notwendigkeit für die Überwachungsmaßnahmen angeführte Geißelnahme taugt also auch nicht als Begründung! Wir hatten die Hoffnung, dass unser Vorschlag auch der Fraktion Die Linke gefallen könnte, denn die hatte wie oben zitiert diese Idee bereits in der 1. Lesung eingebracht.
Immerhin haben sich die Koalitionsfraktionen durch die von uns geäußerten Bedenken statt eines Durchwinkens zu einer Befristung durchringen können – 2015 darf der neue Landtag also nochmal überlegen, ob diese Maßnahmen im Land Brandenburg gebraucht werden. Ich bin gespannt auf die dann stattfindende Diskussion, denn welche neuen Erkenntnisse soll es geben? Als Grundlage für die Entscheidung schlagen wir vor, eine unabhängige Evaluation erarbeiten zu lassen, wenn schon unsere Vorschläge der Streichung auf taube Ohren stoßen. Wir würden gerne wissen, wie wirksam bzw. wie erfolgreich diese Maßnahmen sind und ob es möglicherweise weniger eingriffsintensive Maßnahmen gibt - das hat die aktuelle Evaluation leider nicht untersucht.
Für solch eine Evaluation bedarf es natürlich eines entsprechenden zeitlichen Vorlaufs, damit wir eine Grundlage für unsere Entscheidung im Jahr 2015 haben. Wir würden uns freuen, wenn andere Fraktionen ebenfalls an solch einer Entscheidungsgrundlage Interesse hätten und wir uns diesbezüglich zusammentun! Ansonsten wurde wohl deutlich, dass wir den Gesetzentwurf in dieser Fassung ablehnen werden, falls unser Änderungsantrag nicht doch noch Freunde findet.