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Ursula Nonnemacher spricht zur Aktuellen Stunde "Brandenburgs Bürger schützen - Sicherheit in den Grenzregionen gewährleisten"

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- Es gilt das gesprochene Wort !

Anrede!

Wenn man den Antragstext zur Durchführung dieser Aktuellen Stunde liest, kann einem Angst und Bange werden. Von „explodierender Kriminalitätsbelastung" in den Grenzregionen, von „dramatisch gesunkener objektiver Sicherheit" und von einer internationalen Banden schutz- und hilflos ausgelieferten Bevölkerung ist da die Rede. Apokalypse now!

Tatsache ist, dass die Kriminalitätsstatistik 2010 einen Anstieg der KfZ Diebstähle in Brandenburg von +2,8%, in einzelnen Grenzregionen aber um +28% ausweist bei rückläufigen Aufklärungsquoten von nur noch 15% bis zum 3. Quartal 2011. Der Gesamtschaden durch Diebstähle in den 24 Grenzgemeinden ist zunehmend. Das ist er aber auch in den Landkreisen Oberhavel und Potsdam-Mittelmark der Fall. Die Aussagekraft der Statistik muss immer wieder kritisch hinterfragt werden. Nicht nur, weil bei Kontrolldelikten Straftaten bei nachlassender Ermittlungstätigkeit nicht mehr in der Statistik auftauchen. Teilweise verhalten sich Fallzahlen gegenläufig zum entstandenen Schaden, dann wiederum geht der Anteil von geklauten Baumaschinen zurück, der von landwirtschaftlichen Maschinen steigt. Trotz Interpretationsschwierigkeiten wird niemand eine besondere Belastung der Grenzregionen bestreiten wollen. Grenzüberschreitende Kriminalität ist aber ein dauerhaftes, jahrzehntealtes Kriminalitätsphänomen, welches sich nicht monokausal auf das Datum 21.12.2007 – dem Schengenbeitritt Polens – oder dem Beginn der Polizeistrukturreform „Brandenburg 2020" zuordnen lässt. Auftrieb bekommen hat die seit langem emotional geführte Debatte durch die Petition brandenburgischer Unternehmer wegen der Zunahme existenzgefährdender Diebstähle und durch das Interview der Märkischen Oderzeitung mit dem polnischen Botschafter. Ich möchte hier nicht den berühmten Ausspruch zum Autoklau diskutieren, aber der Botschafter Herr Marek Prawda hat –nomen est omen- etwas sehr Wahres gesagt: (Zitat) "Und ich denke, es hilft in dieser Frage wenig, über die Belastung der politischen Beziehungen zu sprechen, als mehr für die Prävention zu tun." Dazu muss die Polizei durch länderübergreifenden Austausch rechtlich, taktisch und technisch ertüchtigt werden, um grenzüberschreitende Kriminalität durch enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den polnischen Behörden anzugehen. Kompatibilität von Kommunikationsmittel, gemeinsame Streifentätigkeit, grenzüberschreitende Begegnungsveranstaltungen und Überwindung von Sprachbarrieren sind da der richtige Weg. Kritisch sehen wir den augenblicklich mit viel medialem Bohei durchgeführten, zeitlich befristeten Großeinsatz von 3 Hundertschaften der Bereitschaftspolizei. Kriminalitätsbekämpfung sollte weniger als Showveranstaltung einer unter Druck geratenen Landesregierung zur Beruhigung der Bevölkerung verstanden werden, sondern vielmehr als ein professionelles, an Lageinformation und Langzeitwirkung orientiertes Vorgehen.

Andererseits sind derartige kraftraubenden Großeinsätze aber als Gradmesser für die erforderliche Personalzuteilung für eine kritische Oppositionspartei natürlich ein hochwillkommenes Anschauungsobjekt. Hier treffen Haushaltskonsolidierung und die Frage nach der Höhe von Einsparpotentialen auf die polizeiliche Wirklichkeit. Unsere Fraktion hat sich einer Polizeistrukturreform nie gänzlich verschlossen, aber wir haben die willkürlichen Zielzahlen problematisiert.

Unserer Fraktion ist bewusst, dass auch die Bundespolizei, die Polizei in Sachsen und auch die polnische Polizei Stellen abbauen. Bei der Frage der Kriminalitätsbelastung in der Grenzregion und dem stark kritikbehafteten Polizeieinsatz bei einem Fußballturnier in Frankfurt (Oder) mit rechter Fanrandale am 27.12. muss aber problematisiert werden, ob wir nicht auf Fehlentwicklungen durch zu geringe Polizeistärke zulaufen.

Der Begriff „Grenzkriminalität" ist in einem geeinten Europa bereits äußert fragwürdig. Ich wohne im Berliner Umland, sozusagen in der Grenzregion zur Metropole Berlin. Dort wird seit längerem ein massives Ansteigen von Einbrüchen in Einfamilienhäuser beklagt. Auch eine Art Wohlstandsgefälle. Die innerdeutsche Grenze verlief drei Kilometer entfernt. Wir GRÜNEN wollen in einem freiheitlichen, geeinten Europa keine neuen Grenzen und Mauern aufbauen, sondern wir wollen uns den wirtschaftlichen, sozialen und auch sicherheitspolitischen Herausforderungen stellen. Wir wollen keine Ressentiments schüren und keinen Neonazikräften Auftrieb geben, die unter dem Motto: "Raus aus der EU und Grenzen dicht" am 24.3. zum Aufmarsch nach Frankfurt (Oder) aufrufen. Vor allem aber, Herr Lakenmacher, wollen wir GRÜNEN aus Kriminalitätsdiskussionen kein Armageddon machen, sondern auf dem Teppich bleiben.