- Es gilt das gesprochene Wort !
Anrede!
Bevor wir gleich über das Konzept „Tolerantes Brandenburg“ sprechen, das sich der vollen Bandbreite von Maßnahmen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit widmet, geben wir mit diesem Tagesordnungspunkt dem Ganzen quasi einen verfassungsrechtlichen Rahmen. Der fehlte zwar bisher nicht, da sich unsere Verfassung in ihren Grundsätzen zu Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Frieden, Demokratie, den Menschenrechten und zur Zusammenarbeit mit anderen Völkern - insbesondere mit dem polnischen Nachbarn - bekennt. Aber Antirassismus als Staatsziel ausdrücklich zu formulieren ist meines Erachtens trotzdem sehr sinnvoll. Denn solch eine positive Staatszielbestimmung setzt nicht nur ein eindeutiges Signal in die Gesellschaft und ist Unterstützung und Ermutigung für die Zivilgesellschaft, sondern hat auch normative Auswirkungen auf Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung. So müssen alle drei Gewalten dieses neu formulierte Verfassungsprinzip bei ihren Abwägungsprozessen einbeziehen. Danach ist beispielsweise die Exekutive verpflichtet, diesen Grundsatz bei der Auslegung von Gesetzen und bei der Ausübung des Ermessens zu beachten.
Dies bedeutet freilich nicht, dass dadurch Grundrechte wie die Meinungsfreiheit oder Versammlungsfreiheit eingeschränkt werden könnten! Diese sind im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert und können nicht durch Landesrecht eingeschränkt oder relativiert werden. Es kann kein verfassungswidriges Verfassungsrecht geben! Unsere Fraktion ist Intentionen, eine Antirassismusklausel prohibitiv auszugestalten, von Anfang an entschieden entgegengetreten. Sie ist kein NPD-Verbot light a la Brandenburg. Als positives Verfassungsziel wird sie Abwägungsprozesse zugunsten von Toleranz und Weltoffenheit beeinflussen. Außerdem kann die Vorschrift die Exekutive beispielsweise auch zu Fördermaßnahmen ermächtigen und Einfluß auf die Erziehungs- und Bildungsinhalte nehmen. Sie gibt Menschen, die sich antidemokratischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Aktivitäten entgegenstellen einen zusätzliche Rückhalt und würdigt ihr Engagement. Die neue Formulierung bietet also viele Möglichkeiten, die hoffentlich von allen genutzt werden.
Als weiteren wichtigen Punkt enthält die Verfassungsänderung die Streichung des Begriffes „Rasse“ aus der Verfassung. Sicherlich gab es gute Gründe, dass die Mütter und Väter des Grundgesetzes damals diesen Begriff als Bezugspunkt zu den nationalsozialistischen Greueltaten verwendeten. Heutzutage aber erweckt die Verwendung dieses Begriffes den Eindruck, als ob es verschiedene menschliche Rassen gebe; eine Behauptung, die längst wissenschaftlich widerlegt ist. Die Forderung, den Rassebegriff zu streichen, geht auf Vorschläge des Deutschen Instituts für Menschenrechte zurück. Eine einfache Streichung des Begriffs würde aber eine Schutzlücke entstehen lassen. Kurz gefasst ist der Grund: es gibt zwar keine Rassen, aber Rassismus. Daher haben wir uns für die vorliegende Formulierung entschieden „Niemand darf (...) aus rassistischen Gründen (…) benachteiligt werden.“
Wir standen beiden Anliegen von Anfang an offen gegenüber und freuen uns, mit der Anhörung im Hauptausschuss die fraktionsübergreifend konstruktive Vordiskussion fortsetzen zu können.
Dort werden wir noch einen Punkt einbringen, der für uns eine konsequente Anwendung der Antirassismusklausel darstellt, und zwar in Form eines konkreten Minderheitenschutzes. Wir würden gerne - nach dem Vorbild von Schleswig-Holstein - eine Regelung aufnehmen, wonach die Minderheit der hier lebenden Sinti und Roma mit deutscher Staatsangehörigkeit Anspruch auf Schutz und Förderung haben soll. Sie haben ihre eigene Kultur, Lebensweise und auch eine eigene Sprache. Ein besonderer Schutz dieser Volksgruppe könnte einen Beitrag dazu leisten, Ausgrenzungen zu unterbinden und zu einer besseren Integration zu führen.
Wir würden uns freuen, wenn Sie unseren Vorschlag wohlwollend prüfen und vielleicht dem Vorbild aus Schleswig-Holstein folgen könnten.
>>> Redemanuskript als PDF-Datei
>> Zum Gesetzentwurf (als PDF-Datei)
>> Ursula Nonnemacher spricht zum Gesetzentwurf
>> Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdients (PDF-Datei)