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Ursula Nonnemacher spricht zur Umsetzung des Handlungskonzepts "Tolerantes Brandenburg"

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- Es gilt das gesprochene Wort !

Anrede!

Als wir vor einem Jahr den Bericht über die Umsetzung des Handlungskonzeptes „Tolerantes Brandenburg" an dieser Stelle diskutierten, waren gerade einmal drei Monate seit dem Landtagsbeschluss „Rechtsextremismus konsequent bekämpfen" vom 25. März 2010 vergangen. Der Kollege Hoffmann von der CDU-Fraktion hielt den 19 seitigen Bericht als Legitimationsgrundlage des Handlungskonzeptes für zu dünn. Auch wenn ich diese Kritik nicht teilte und schon den ersten Bericht instruktiv fand, so hat sich die Landesregierung jetzt nach einem Jahr mächtig ins Zeug gelegt. Der zweite Bericht gibt auf 63 Seiten einen umfassenden und nahezu lückenlosen Überblick über die zahlreichen Aktivitäten, die die vielen Akteure des Netzwerkes durchgeführt haben oder weiterhin betreuen. Gemäß des intensiven Vernetzungs- und Kooperationsgedankens werden dabei detailliert eine bunte Vielzahl von Projekten aufgelistet: von dem praxisorientierten Grundkurs in Demokratie für die Jugendwarte der Freiwilligen Feuerwehr bis zum museumpädagogischen Programm, vom den Veranstaltungen des Verfassungsschutzes bis zum Sponsoring durch Daimler Benz, von dem Erfolgsprogramm „Schule ohne Rassismus" bis zum Straßenfußballturnier: das Netz zum Aufbau von Demokratie, Toleranz, interkultureller Kompetenz und „Diversity" wird immer dichter. Dass die Zustimmung zu rechtsextremen und ausländerfeindlichen Thesen auf einem für Brandenburg historischen Tiefstand angekommen ist, belegt erneut den Erfolg und die Wirksamkeit des Handlungskonzeptes „Tolerantes Brandenburg". Dafür sagt auch unsere Fraktion der Landesregierung und allen Beteiligten ein herzliches Dankeschön.

Hätte man den Bericht der Landesregierung unter ein Motto stellen sollen, so hätte ich mich für folgenden Satz auf Seite 38 entschieden: (Zitat)"Die beste Prävention gegen Rechtsextremismus liegt in der aktiv gelebten Demokratie". Das mobile Beratungsteam im Brandenburgischen Institut für Gemeinwesenberatung sieht auch 2010 klare Evidenz für die Beobachtung, dass Rechtsextreme dort Erfolg haben, wo eine politische Kultur fehlt. Dies ist leider im bislang vernachlässigten ländlichen Raum, in den Dörfern und kleinen Gemeinden der Fall. Dort sind die demokratischen Parteien kaum noch verortet, ein Befund, der auch schmerzlich für die Regionen in Mecklenburg Vorpommern festgestellt wird, wo die NPD geradezu hegemonial ist. Das Engagement von gerade jungen Menschen in demokratischen Parteien, in Gewerkschaften, Kirchen und Bürgerinitiativen, in allen Strukturen der Zivilgesellschaft geht dort gegen Null. Rechtsextremisten doggen nicht nur an ausländerfeindlichen, rassistischen oder antisemitischen Ressentiments an, nein, sie machen sich häufig die skeptische Distanz zu unserer Demokratie zu eigen. Ablehnung gegenüber der Demokratie als solcher, Entfremdung von „den Politikern" da oben, Ohnmachtsgefühle gegenüber undurchschaubaren Planungsprozessen oder das Gefühl, mit seiner Meinung sowieso nicht durchzudringen sind der neue Nährboden für rechtspopulistische oder rechtsextreme Strömungen. Die Demokratieverdrossenheit ist der neue Katalysator für autoritäre politische Systeme. Den Aussagen des Berichtes, dass demokratische Beteiligung und interkulturelle Kompetenz die wichtigsten Voraussetzungen für die Prävention von Rechtsextremismus und Gewalt sind und dass diese Prävention schon früh mit der Kitaerziehung beginnen muss, ist unbedingt zuzustimmen. Wir müssen schon in der frühkindlichen Bildung vermitteln, dass die Würde eines jeden Menschen unabhängig von seinem Geburtsort, seinem Geschlecht, seiner Hautfarbe, seiner Sprache, Religion und seines Aussehens unbedingt zu achten ist. Und wir müssen demokratisches Handeln, den konstruktiven Umgang mit Konflikten und Verschiedenheit und die Freude an der Beteiligung von Anfang an fördern. Wir stimmen ausdrücklich mit den Schlussfolgerungen des Berichtes überein: die politische und weltanschauliche Willensbildung darf nicht verächtlich gemacht werden, sie ist zu fördern. In Gemeinwesen mit einer lebendigen, pluralistischen politischen Kultur haben rechtsextreme Bestrebungen keine Chance!

Für uns in Brandenburg kann das nur heißen: wir müssen unsere Demokratie pflegen und wir müssen sie auch über die klassische repräsentative Demokratie hinaus weiterentwickeln, wenn wir nicht wollen, dass sich die Menschen von ihr abwenden. Wir müssen unsere Demokratie stärken und nicht aus Angst und Misstrauen vor der eigenen Bevölkerung demokratische Teilhabe überreglementieren.

Die Feinde der Demokratie kann man nicht bekämpfen, indem man demokratische Rechte beschränkt, sondern nur, indem man sie stärkt.