- Es gilt das gesprochene Wort ! -
Im Rahmen der Förderalismusreform haben im Sommer 2006 Bundestag und Bundesrat auch der Übertragung der Gesetzgebungskompetenz in Sachen Ladenschluss an die Länder zugestimmt. Daraufhin verabschiedeten die meisten Bundesländer zwischen Herbst 2006 und Frühjahr 2007 entsprechende Landenöffnungsgesetze, die sich meist nur in der Anzahl der verkaufsoffenen Sonn- und Feiertage unterscheiden. Während die meisten Bundesländer an vier Sonn- und Feiertagen eine Öffnung von Verkaufsstellen von 5-6 Stunden erlauben, ging Brandenburg mit 6 und Berlin gar mit 10 verkaufsoffenen Sonn- und Feiertagen deutlich weiter. Gegen die Berliner Regelung, die die Möglichkeit der Ladenöffnung an allen 4 Adventssonntagen vorsah, haben die evangelische und katholische Kirche im November 2007 gemeinsam Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt. Am 1.12. 2009 hat das Bundesverfassungsgericht der Klage gegen das Berliner Ladenöffnungsgesetz teilweise stattgegeben und eine zu großzügige Ladenöffnung an Sonntagen und speziell an allen vier Adventssonntagen als verfassungswidrig eingestuft. Das Gericht beruft sich in seiner Begründung auf
den besonderen Schutz von Sonntagen und anerkannten kirchlichen Feiertage, die durchaus mit dem Neutralitätsgebot des Staates vereinbar sei, aber auch auf den Schutz von Ehe und Familie sowie das Recht auf Erholung und Erhalt der Gesundheit. Die Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen müsse die Regel sein, für Ausnahmen sind rein kommerzielle Gründe nicht ausreichend.
Dass eine rot-rote Landesregierung in Berlin im November 2006 sehr forsch vorgeprescht ist, Bedenken von Kirchen und Gewerkschaften beiseite gewischt hat und jetzt vom Bundesverfassungsgericht abgemahnt wird, ist
bemerkenswert. Dass die Liberalen in Brandenburg die vom Verfassungsgericht angemahnte Überprüfung auch des Brandenburgischen Ladenöffnungsgesetzes bezüglich der Adventsregelung dazu nutzen wollen, noch eins drauf zusatteln, ist noch bemerkenswerter. Diese Interpretation ist nicht nur gewagt, sie ist schon recht dreist. Das Verfassungsgericht hat die Hürden für verkaufsoffene Sonntage deutlich erhöht, Kommerz als alleinige Begründung reicht da nicht aus. Die FDP erhöht aber beiläufig in ihrem Antrag die Zahl der verkaufsoffenen Sonn- und Feiertage von 6 auf 10. Derartige Überlegungen sind nicht nur familienfeindlich, sie vernachlässigen auch die Notwendigkeit für die Beschäftigten, wenigstens an einem Tag in der Woche zuverlässig soziale Kontakte pflegen zu können.
In den letzten Jahren sind die Ladenöffnungszeiten sehr weitgehend liberalisiertund einem veränderten Familienbild und einem flexibilisierten Arbeitsmarkt angepasst worden. Das ist zu begrüßen. Es muss aber auch Grenzen geben. In Brandenburg dürfen Läden an 6 Tagen in der Woche 24 Stunden geöffnet sein. Konsum und Shopping dürfen aber nicht zum einzigen Maßstab in unserer Gesellschaft werden. Ein Tag in der Woche, der der Erholung und Ruhe, dem Gespräch, dem Familienausflug und dem Treffen von Freunden vorbehalten ist, sollte unserer Gesellschaft etwas wert sein. Ausnahmeregelungen zu Jubiläen und lokalen Festen sind möglich, sie sollten nicht noch ausgeweitet werden.
Ungezügelter Wirtschaftsliberalismus und „Einkaufen rund um die Uhr“ sind noch nie Bestandteil eines grünen Gesellschaftsbildes gewesen. Wir werden diesen Antrag ablehnen und halten auch eine Überweisung in den Ausschuss für entbehrlich. Die Landesregierung fordern wir auf, in enger Kooperation mit dem Land Berlin eine rechts sichere Novelle des Brandenburgischen Ladenöffnungsgesetzes vorzulegen.