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Ursula Nonnemachers spricht zum Antrag der CDU-Fraktion "Keine Strafsteuer für Polizeieinsätze"

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Zugegeben, letzte Woche noch habe ich mich ein wenig über den vorliegenden Antrag gewundert! Ein Antrag auf Vorrat? Nachdem Ende September der schwarz-grüne Senat in Hamburg nach österreichischem Vorbild eine sogenannte „Kostenbeteiligung bei leichten Verkehrsunfällen" beschlossen hat, wurde Mitte Oktober über ähnliche Pläne in Brandenburg nachgedacht. Es sollten erst einmal die Erfahrungen aus Hamburg ausgewertet und ergebnisoffen geprüft werden. Außerdem sei eine „Blaulichtsteuer" primär zur Entlastung der Polizei, nicht zur Generierung von Einnahmen interessant. Die Gebühr könne eine Lenkungsfunktion entfalten. Nun hat der Innenminister vorgestern der Blaulichtsteuer eine Absage erteilt, was wir begrüßen.

Aber auch wenn in Brandenburg eine Blaulichtsteuer momentan nicht vorgesehen ist, so ist es dennoch legitim, sich mit den Problemen, die sie aufwirft auseinanderzusetzen. Wenn für die Aufnahme von Bagatellunfällen und Blechschäden Gebühren erhoben werden, dann führt dies dazu, dass auch ernste Ordnungswidrigkeiten oder anderweitige Straftatbestände nicht mehr geahndet werden. Hinter Bagatellunfällen verbergen sich häufiger Alkohol am Steuer oder Fahren unter Drogeneinfluss, es werden nebenbei Fahrer ohne Führerschein erwischt oder Fahrzeuge mit gefährlichen technischen Mängeln auffällig. Ob es sich wirklich nur um eine Bagatelle handelt, lässt sich ohne Hinzuziehen der Polizei vielleicht gar nicht ermitteln. Der Ruf nach polizeilicher Hilfe darf nicht zur Lotterie werden: ist der Unfallgegner betrunken oder führerscheinlos, bezahlt man nicht, stellt sich die Bagatelle wirklich als harmlos heraus, werden Gebühren fällig. Das hat mit Rechtssicherheit und dem Anspruch eines Rechtsstaates nichts mehr zu tun.

Polizeiarbeit ist Teil einer staatlichen Daseinsvorsorge und darf nicht von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Beteiligten abhängen. Genauso wie gute Bildung kein Luxusgut darstellen soll, so darf Rechtssicherheit nicht vom Geldbeutel abhängig gemacht werden. Im übrigen wird bei einer „Blaulichtsteuer" leicht übersehen, dass Polizeipräsenz immer ein Bußgeld für den Unfallverursacher nach sich zieht, welches sonst nicht fällig würde.

Die Lenkungsfunktion von Gebühren ist ein zweischneidiges Schwert. So hat auch die Praxisgebühr die Wartezimmer der Ärzte nicht wirklich geleert, für Arme aber den Zugang zu medizinischen Leistungen erschwert In Zeiten leerer Kassen lassen sich jede Menge kreativer Ideen der Geldbeschaffung diskutieren: Eine Demonstrationsabgabe, fällig bei Anmeldung? Zahlungen für den Feuerwehreinsatz, wenn der gemeldete Brand nur eine schwelende Zigarettenkippe im Papierkorb ist? Gebühren für den Rettungswagen bei Gesundheitsproblemen, die sich als banale Befindlichkeitsstörungen entpuppen? Einführung des Schuldprinzips in die gesetzliche Krankenversicherung mit doppeltem Beitragssatz für Raucher, Trinker, Übergewichtige und Risikosportler?

Nein, diese Überlegungen sind untauglich. Sowohl für den Sozialstaat als auch den Rechtsstaat gilt: die Inanspruchnahme darf nicht durch finanzielle Hürden infrage gestellt werden.

Insofern können wir diesem – zugegebenermaßen etwas prophylaktischen- Antrag zustimmen und bekennen uns zu einer bürgernahen Polizei, die jedem, unabhängig von finanziellen Erwägungen Hilfe, Schutz und Sicherheit bietet.

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