(Nr. 90) Für die These, Jugendliche in Brandenburg machten von der Versetzung in die Klasse 11 aus wirtschaftlichen Gründen keinen Gebrauch, gibt es keine belastbaren Zahlen. Das ist das Ergebnis einer Kleinen Anfrage (Drucksache 5/1085) der bildungspolitischen Sprecherin der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN MARIE LUISE VON HALEM. „Aus der Antwort des Bildungsministeriums wird deutlich, dass es alle entscheidenden Fragen über einen Zusammenhang von 'Schüler-BaföG' und einer Steigerung der Abiturquote nicht beantworten kann, da hierfür keinerlei statistische Grundlagen bestehen. Die Antworten des Ministeriums erschöpfen sich in Hoffnungen, Erwartungen und Schätzwerten.
Eine zentrale Frage lautet, wie viele Schülerinnen und Schüler mit der Berechtigung zum Besuch der Klasse 11 der gymnasialen Oberstufe, bezogen auf die Schuljahre 2007/2008 und 2008/2009, diesen Wechsel ohne Zahlung des Schüler-Bafögs vollzogen haben und ob sich ihre Anzahl durch das Schüler-Bafög steigern ließe. Zur Anzahl derer, die in die gymnasiale Oberstufe wechseln, arbeitet das Ministerium mit einem vagen Schätzwert von ca. 1.000 Schülerinnen und Schülern, die das erworbene Recht in die Klasse 11 der gymnasialen Oberstufe zu wechseln, nicht nutzen.
Auf die Frage, ob das Bildungsministerium Erkenntnisse darüber hat, wie sich die Schülerschaft in den Klassen 7-10 der verschiedenen Schulformen sozial zusammensetzt oder aus welchen Motiven einige Jugendliche nicht in die gymnasiale Oberstufe wechseln (Fragen 3, 4, 6 und 9), liegen dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport nach eigenen Angaben keine Erkenntnisse vor. Statt klare Fakten benennen zu können wird zusätzlich darauf verwiesen, dass die Erhebung solcher Informationen nach der geltenden Gesetzeslage auch kaum möglich ist. Auch in Zukunft können diese Daten ohne Änderung der einschlägigen Gesetze nicht erhoben werden.
Da dem Bildungsministerium nun nachweislich keine verlässlichen Zahlen für die Ausgangslage vor der Einführung des Schüler-Bafög vorliegen, wird deutlich, dass auf diesem sandigen Fundament die vom Landtag beschlossene Evaluation des Gesetzes nicht möglich ist. Behauptete Auswirkungen des neuen Gesetzes zum gewünschten Abbau sozialer Disparitäten in der Sekundarstufe II sind deshalb auch im Rahmen einer Evaluation nicht möglich.
„Mit dem Schüler-BaföG wird an vielen Stellen im Bildungssystem dringend benötigtes Geld verpulvert. Um mehr Chancengerechtigkeit herzustellen, muss in erster Linie der Grundschulunterricht verbessert werden. Die Antwort auf unsere Anfrage zeigt, wie wenig fundiert und durchdacht das gesamte Konzept tatsächlich ist und auf welch unsicheren Beinen die angekündigte Evaluation steht“, sagte MARIE LUISE VON HALEM.