Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat heute zwei Gesetzentwürfe in den Landtag eingebracht, mit denen die direkten Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger in Brandenburg gestärkt werden sollen.
Die Verfahren der direkten Demokratie sind in Brandenburg längst noch nicht so gestaltet, dass die Bürger und Bürgerinnen eine faire Chance haben, erfolgreiche Bürger- und Volksbegehren durchzuführen. Die Hürden für ein Volksbegehren sind so hoch angesetzt, dass sie in der Realität bisher noch nie übersprungen wurden. Dafür ist insbesondere das Erfordernis der Amtseintragung verantwortlich. Außerdem müssen zurzeit für einen erfolgreichen Volksentscheid bei einfachen Gesetzen 25 % der wahlberechtigten Bevölkerung zustimmen, bei Verfassungsänderungen sogar 50 %. Des Weiteren ist der Themenausschluss viel zu groß, insbesondere sind nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts Brandenburg zur bisherigen Rechtslage alle Initiativen unzulässig, die wesentliche finanzielle Auswirkungen haben. Die Instrumente der direkten Demokratie haben bisher zu wenig Kraft und schwächen dadurch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die demokratische Mitbestimmung.
Die Bürgerinnen und Bürger wollen und sollen direkter in politische Entscheidungen eingreifen können und die Möglichkeit bekommen, möglichst ohne Ausnahme alle Sachfragen rechtlich bindend selbst zu entscheiden.
Unsere Gesetzentwürfe zielen auf die Änderung der Verfassung des Landes Brandenburg und des brandenburgischen Volksabstimmungsgesetzes ab. Danach soll:
- der Ausschluss von Themen, zu denen Volksinitiativen, Volksbegehren bzw. Volksentscheide zulässig sind, so gering wie möglich sein.
- sollen die Unterschriften für Volksbegehren sowohl in öffentlichen Einrichtungen als auch frei auf Straßen und Plätzen gesammelt werden können (bisher ist nur eine Amtseintragung möglich).
- die Sammlungsfrist bei Volksbegehren auf 6 Monate verlängert werden (bisher 4 Monate).
- bei einfachen Volksentscheiden das Quorum abgeschafft werden. (derzeit muss mind. ein Viertel der Stimmberechtigten zustimmen)
- im Falle von Verfassungsänderungen ein Volksentscheid Erfolg haben, wenn die Ja-Stimmen überwiegen und mindestens 25 % der Stimmberechtigten entsprechen (derzeit müssen zwei Drittel derjenigen, die ihre Stimme abgegeben haben, mind. jedoch die Hälfte der Stimmberechtigten, für die Verfassungsänderung stimmen).
- sollen die Bürgerinnen und Bürger umfassend (inkl. Pro- und Contra-Argumenten) über den Abstimmungsgegenstand informiert werden (derzeit lediglich Verbreitung des Gegenstands des Volksentscheids).
- die Zusammenlegung von Wahlen und Abstimmungen ermöglicht werden.
„In der Bevölkerung wächst der Wunsch nach stärkerer Beteiligung", sagte dazu heute die innenpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, URSULA NONNEMACHER. Viele Umfragen bestätigten diese Tendenz. Dies habe auch die Volksinitiative zur Polizeistrukturreform gezeigt, die mit rund 97.000 Unterschriften für viel Aufsehen gesorgt hatte.
„Direktdemokratische Beteiligungsformen ermöglichen auch Bürgerinnen und Bürgern, die nicht wählen gehen, weil sie sich nicht auf eine Partei festlegen wollen, über wichtige Fragen des Gemeinwesens mitzuentscheiden", sagte URSULA NONNEMACHER. „Wähler können auf diesem Weg ihre Meinung zu speziellen Fragen äußern, die von den Parteien nicht abgebildet werden oder sogar konträr zur Meinung der präferierten Partei stehen. Wir wollen die direkte Demokratie nicht gegen die repräsentative ausspielen. Die direkte Demokratie ergänzt und bereichert die parlamentarische Demokratie, sie kann sie aber nicht ersetzen."
„Demokratie ist auf aktive, interessierte und verantwortungsbewusste Bürgerinnen und Bürger angewiesen. Das Interesse sich einzubringen hängt aber auch von den hierfür zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ab. Durch unsere Gesetzentwürfe gewinnt das Volk als Träger der Staatsgewalt an unmittelbarem Einfluss."