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Woidke muss neue Signale setzen - Ende der Ära Platzeck für Neujustierung der Landespolitik nutzen

Einen Tag nach dem angekündigten Rücktritt von Matthias Platzeck als Ministerpräsident und Parteivorsitzender hat der Vorsitzende der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Brandenburger Landtag AXEL VOGEL dessen designierten Nachfolger Dietmar Woidke zu einer Neujustierung der Landespolitik aufgefordert. „Woidke muss nach dem sich abzeichnenden Rückzug Vattenfalls einen Fahrplan für das Auslaufen der Braunkohleverstromung in Brandenburg entwickeln, Qualität in der Bildung zur Chefsache erklären, eine harte Verhandlungsposition gegenüber Bund und Berlin beim Nachtflugverbot einnehmen und eine neue Perspektive für eine Länderfusion mit Berlin aufbauen", sagte AXEL VOGEL.

„Dietmar Woidke tritt in große Fußstapfen, muss und soll die Chance bekommen, in die neue Rolle hinein zu wachsen. Doch gut ein Jahr vor der Landtagswahl muss die Einarbeitungszeit knapp ausfallen. Was Brandenburg jetzt als Letztes braucht, ist Stillstand – ein Ministerpräsident, der Rot-Rot bis zum Abpfiff über die Zeit zu retten versucht. Woidke wird die knappe Zeit nutzen und ein eigenes Profil entwickeln müssen, will er nicht als Verwalter des Status Quo in den Landtagswahlkampf ziehen.“

Woidkes bisherige Erfolge seien durchwachsen. Als Minister für Landwirtschaft und Umwelt eher ein Fehlgriff, habe er als Innenminister positiv überrascht, sagte AXEL VOGEL. „Die von Matthias Platzeck an seinem designierten Nachfolger Woidke gelobte Bodenständigkeit ist sicher ein Plus; ein Ministerpräsident muss aber auch Innovationsbereitschaft zeigen und neue Perspektiven für das Land entwickeln. Eine bloße Übernahme des von Stolpe und Platzeck geprägten Politikstils des Weg-Moderierens von Konflikten reicht nicht. Farblosigkeit ist in der Staatskanzlei fehl am Platz.“

„Matthias Platzeck galt als Lichtgestalt, doch hat er viele Fehlentwicklungen im Lande lediglich überstrahlt. Er hinterlässt einen Berg ihm persönlich zuzuschreibender Probleme und unerledigter Aufgaben. SPD-Minister sind seit Beginn seiner Amtszeit für Bildung zuständig und haben dafür gesorgt, dass das Land Brandenburg die rote Laterne in fast allen schulischen Feldern angehängt bekommen hat. Die von ihm mitberufenen Geschäftsführer in der Flughafengesellschaft (FBB) hat Platzeck im Aufsichtsrat gewähren lassen – und so als Kontrollinstanz versagt und das BER-Chaos mitproduziert.“

„Es ist kreuzvernünftig von Dietmar Woidke, den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden in der Flughafengesellschaft nicht anzustreben“, sagte AXEL VOGEL. Jetzt komme es darauf an, die Chancen für die Besetzung von Aufsichtsratsvorsitz und stellvertretendem Vorsitz der FBB durch externe Manager zu nutzen.

„Woidke muss die irrationalen Blockaden auflösen, die das politische Handeln in Brandenburg in den letzten Jahren geprägt haben. Neben dem Festhalten an der Braunkohle und an den sozialistisch geprägten industrialisierten Landwirtschaftsstrukturen zählt dazu insbesondere Platzecks kategorisches Nein zur Länderfusion. Platzeck hat hier vermeintlichen Stimmungen nachgejagt, anstelle eine tragfähige Zukunftsagenda zu verfolgen. Die Länderfusion wird spätestens mit dem Auslaufen des Solidarpakts 2019 wieder Thema – in Brandenburg wurde hier wertvolle Zeit vergeudet.“

Das Stühlerücken der SPD in Landesregierung und Fraktion – Klaus Ness als Fraktionschef, Ralf Holzschuher als Innenminister – offenbare die Schwächen der Fixierung der Brandenburger SPD auf eine einzige Person. „Es gab hier offenkundig weder Nachwuchsförderung, echte programmatische Debatten, noch Streitkultur. 'Bei Hofe ist Widerspruch nicht sonderlich geliebt', brachte es Ex-Bildungsminister Steffen Reiche unlängst auf den Punkt. Dadurch ist die SPD-Personaldecke fadenscheinig geworden, scheint die Landespartei inhaltlich ausgezehrt“, sagte AXEL VOGEL.

Das Krux der von der SPD unter Manfred Stolpe mitbegründeten politischen Kultur in Brandenburg, wo politischer Streit und das Ringen um gegensätzliche Positionen in weiten Kreisen der Bevölkerung immer noch als anrüchig, Parteien generell als suspekt gelten, sei auch zunehmend ein Problem der brandenburgischen SPD. „Wer junge Menschen für die Politik begeistern will, muss sich Kritik stellen, Debatten befördern, neue Ideen zulassen.“

„Wir können an den designierten Nachfolger Matthias Platzecks nur appellieren, in der kurzen verbleibenden Zeit bis zum Ende der Legislaturperiode aus den Fehlern und Versäumnissen Matthias Platzecks zu lernen und eine Neuorientierung der Brandenburger Politik zu wagen. Dietmar Woidke hat die Chance, hier neue Signale zu setzen - ob er das Format hat, muss er erst unter Beweis stellen. Von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kann er eine konstruktiv-kritische Unterstützung in diesem Neufindungsprozess erwarten.“