(Nr. 207) Das Innenministerium plant, im kommenden Jahr die Kapazitäten für die Flüchtlingsunterbringung in den Erstaufnahmeeinrichtungen samt Außenstellen an den Standorten Eisenhüttenstadt, Frankfurt (Oder), Doberlug-Kirchhain, Ferch, Potsdam und Wünsdorf von derzeit gut 5.000 Plätzen auf 10.000 Plätze zu verdoppeln. Wir haben die Landesregierung in einer Kleinen Anfrage zur künftigen Beratungs- und Betreuungssituation in den Erstaufnahmeeinrichtungen befragt. Zum in der Antwort vorgestellten Konzept äußert sich die innen- und sozialpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN URSULA NONNEMACHER, wie folgt:
„In den Planungen fehlt ein klares Bekenntnis zu einem angemessenen Betreuungsschlüssel. Laut Landesregierung wird das Betreuungsverhältnis von SozialarbeiterInnen und Geflüchteten je nach Erstaufnahmeeinrichtung zwischen 1:50 und 1:100 variieren. Angemessen wäre ein konsequent angewandter Schlüssel von 1:60.
Auch bei der Planung für zusätzlich anstehende Aufgaben ist zu bezweifeln, dass das Personal ausreichen wird. So zeichnet sich jetzt schon ab, dass angesichts der steigenden Zahl von Fällen, die zu bearbeiten sind, die Zahl von 8 weiteren, spezialisierten BeraterInnen, die eine Fülle von Themen zu bearbeiten haben – z. B. Asylverfahren, Wohnen, Arbeit, Gesundheit, Schutzbedürftigkeit, Ehe und Familie – zu wenig ist.
Viele der zu uns kommenden Menschen haben traumatische Fluchterfahrungen gemacht oder sind aus anderen Gründen besonders schutzwürdig. Die EU- Aufnahmerichtlinie sieht vor, dass möglichst früh im Verfahren identifiziert wird, bei wem besonderer Schutzbedarf besteht. Folglich muss gerade in der Erstaufnahme ausreichend Personal vorhanden sein, diese Schutzbedarfe auch festzustellen.
Auch die halbe Stelle zur Koordination von Ehrenamtsarbeit ist zu knapp bemessen. Viele Menschen wollen sich einbringen und leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Integration der Geflüchteten. So werden beispielsweise Deutschkurse für geflüchtete Erwachsene in der Erstaufnahme ausschließlich von freiwilligen HelferInnen angeboten. Ihr Engagement muss stärker unterstützt werden.
Zudem zeichnet sich durch die Änderung des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes, durch die die mögliche Verweildauer der Geflüchteten in der Erstaufnahme von 3 auf 6 Monate erhöht worden ist, ein erhöhter Bedarf an Betreuung und Beratung ab. Ich fordere die Landesregierung auf, hier für eine der Situation angemessene Personalausstattung Sorge zu tragen.“