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Mehrheiten müssen in einer Demokratie argumentativ gewonnen werden

(Nr. 158) Medienberichten zufolge hat Ministerpräsident Dietmar Woidke aufgrund des internen Widerstandes in der Regierungskoalition gegen die Kommunalreform seinen Rücktritt und Neuwahlen als mögliche Konsequenzen an die Wand gemalt. Dazu nehmen der Vorsitzende der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN AXEL VOGEL und die Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion URSULA NONNEMACHER wie folgt Stellung:

AXEL VOGEL: „Unabhängig davon, ob bei der SPD-Fraktionsklausur Dietmar Woidke seinen Rücktritt und nachfolgende Neuwahlen als kalkulierte Drohung in den Raum gestellt hat oder seine Worte nur der Schilderung möglicher Konsequenzen einer Ablehnung der vorliegenden Gesetzentwürfe zur Funktionalreform I und zur Kreisgebietsreform dienten, droht die Verwaltungsstrukturreform nun endgültig zum Desaster für die Landespolitik zu werden.

Statt Begeisterung zu entfachen und endlich deutlich zu machen, dass die Verwaltungsstrukturreform neben einer zukunftsfesten und qualitativ hochwertigen Aufgabenerledigung in den Kommunalverwaltungen die Zielsetzung hat, Aufgaben und Entscheidungsrechte von oben nach unten neu zu verteilen und die Mitwirkungsrechte der BürgerInnen u.a. durch Bürgerbegehren und die Einführung des Amtsgemeindemodells auszuweiten, wird mit dem Schüren von Ängsten der Diskussionsprozess in den eigenen Reihen abgewürgt.

Das Einschwören von Abgeordneten auf die Regierungslinie mit mehr oder weniger dezenten Hinweisen auf mögliche Neuwahlen und daraus folgende potenzielle Mandatsverluste sind genauso fehl am Platze wie die jüngste Neuwahlforderung der CDU nach der Bundestagswahl. Das ist Wasser auf den Mühlen der Populisten und verstärkt das missliche Vorurteil, dass Abgeordnete nicht in der Sache sondern aus sachfremden Erwägungen heraus entscheiden. In einer Demokratie müssen Mehrheiten argumentativ gewonnen werden.

Sollte für die aktuellen Gesetzesentwürfe für die Kommunalreform keine Mehrheit zu finden sein, dann ist das Reformvorhaben für diese Legislaturperiode vom Tisch. Neuwahlen lehnen wir ab."

URSULA NONNEMACHER: „Die in der Regierungskoalition tonangebende SPD hat die Misere, in der sie nun steckt, selbst verschuldet. Hier rächen sich die Defizite der letzten Jahre im Umgang mit dem Reformprojekt. Die SPD-Führung versäumte von Beginn an, die Menschen im Land und die eigene Basis in den Kommunen argumentativ und emotional mitzunehmen, einzubeziehen und zu überzeugen. Sie schaute tatenlos zu, wie die Reformgegner mit dem Schüren von Verlustängsten den Diskurs bestimmten und die eigenen Parteigänger ihre Partikularinteressen bedienten.

Für unsere Fraktion ist im Weiteren besonders wichtig, dass die bislang ausstehenden Gesetzentwürfe zur Einführung der Brandenburgischen Amtsgemeinde und die Aufgabenübertragung von der Kreisebene auf die Städte und Gemeinden (Funktionalreform II) zügig vorgelegt werden. Auch bei dem Aussetzen der Direktwahl der Landräte in den neugebildeten Kreisen sollte das letzte Wort noch nicht gesprochen sein.“

Das Abstimmungsverhalten der bündnisgrünen Landtagsfraktion zu den zur Verabschiedung anstehenden Gesetzesentwürfen nach Abschluss der Anhörungen wird eine sehr schwierige Gesamtabwägung sein.