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Hohenzollern: Verbindliche Klärung durch Gerichte notwendig

Anlässlich der heutigen Plenardebatte zur Volksinitiative „Keine Geschenke den Hohenzollern!“ äußert sich die kulturpolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion Sahra Damus wie folgt:

„Mit unserem vom Kulturausschuss beschlossenen Antrag greifen wir die wesentlichen Forderungen der Volksinitiative auf. Wir Bündnisgrünen sind seit Jahren Treiber*innen in dieser Debatte – im Bund, in Berlin und in Brandenburg. Wir sind froh, dass nun klar ist, was wir von Beginn an gefordert haben: Es wird eine gerichtliche Klärung geben und damit keine Ausblendung der historischen Rolle der Familie Hohenzollern. Ein Vergleich hätte in jedem Fall Kompensationen zur Folge gehabt, ohne vorab die Frage der Vorschubleistung für die Nationalsozialisten rechtssicher zu klären. Wir würden möglicherweise zu Unrecht aus Steuergeldern erstatten.

Außerdem haben wir beschlossen, die Diskussion um Leihgaben getrennt zu behandeln von der Diskussion um enteignete Kulturgüter. Die etwa 90 Leihgaben gehören unstrittig der Familie Hohenzollern und werden in unseren Museen gezeigt. Die deutlich größere Anzahl von Kulturgütern ist aber nicht im Besitz der Familie, hier muss die Würdigkeitsfrage geprüft werden. Für uns – und auch für die im Kulturausschuss angehörten Historiker*innen und Jurist*innen – liegt auf der Hand: Kronprinz Wilhelm rief breit medial zur Wahl Hitlers auf, er war Mitglied der SA und posierte am Tag von Potsdam einträchtig mit der Führungsriege der Nationalsozialisten. Schon deutlich geringere Unterstützungsleistungen sind von den Verwaltungsgerichten als Vorschubleistung eingestuft worden.

Wir schließen uns damit der Bewertung der großen Mehrheit von Historiker*innen an, die das genauso sehen. Die Welle von Abmahnungen oder Klagen gegen Historiker*innen, Journalist*innen sowie auch gegen den Beschlusstext der Volksinitiative selbst ist ein beispielloser Vorgang. Es darf kein Klima entstehen, in dem Presse- oder Wissenschaftsfreiheit in Bedrängung geraten.

Für die Leihgaben braucht es neue Leihverträge nach internationalen Standards, die inhaltlichen Einfluss oder institutionelle Mitsprache durch die Familie Hohenzollern ausschließen. Die Leihgaben zeigen einen Teil unserer Geschichte und ich würde es sehr bedauern, wenn die Familie Hohenzollern diese abzieht. Teil unserer Geschichte ist aber auch – und das wiegt für mich deutlich schwerer – die klare Abgrenzung gegenüber dem Nationalsozialismus.

Eine Hauptforderung der Volksinitiative hat sich hingegen erledigt, nämlich die zum Wohnrecht. Sie ist eindeutig verjährt und die Familie Hohenzollern ist inzwischen selbst davon abgerückt.“

Hintergrund

Der Landtag befasst sich aktuell mit einer Reihe von Volksinitiativen. Diese können vom Plenum jedoch nur vollständig abgenommen oder abgelehnt werden. Für einen Kompromiss oder eine teilweise Übernahme braucht es eine formale Ablehnung und einen zusätzlichen Antrag. Dafür hat die bündnisgrüne Fraktion sich erfolgreich eingesetzt. Die Koalitionsfraktionen haben dazu einen Antrag in den Kulturausschuss eingebracht, der die wichtigsten Forderungen der Volksinitiative aufgreift. Der Hauptausschuss hat sich dem Antrag angeschlossen.