Zum aktuellen Antrag der Koalitionsfraktionen zur abschließenden Aufarbeitung des Bodenreformunrechts bei Neusiedlererb*innen äußert sich der aufarbeitungspolitische Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Brandenburger Landtag Clemens Rostock wie folgt:
„Mit dem Antrag erkennen wir an, dass trotz eines Urteils des Bundesgerichtshofes, eines Untersuchungsausschusses im Landtag und der Empfehlungen einer Enquete-Kommission bisher zu wenig für die Neusiedler*innen getan wurde. Wir erkennen an, dass das Nebeneinander der juristisch unterschiedlich bewerteten Betroffenengruppen keine gesellschaftlich zufriedenstellenden Situation schafft. Wir wollen den Glauben in den Rechtsstaat wieder stärken, indem sich die Landesregierung ernsthaft um das Auffinden der bisher unbekannt gebliebenen Erbinnen und Erben kümmert. Dafür soll sie neben der Nutzung digitaler Medien und des Bundesanzeigers auch professionellen Erbenermittler*innen die nötigen Daten zur Verfügung stellen. Darüber hinaus wollen wir das Ziel der Bundesratsinitiative 44/18 weiter verfolgen, unabhängig von deren Ausgang. Das heißt, wir suchen auch für die vor dem 2.10.2000 bereits bekannten Erbinnen und Erben – um deren Anspruch es juristisch deutlich schlechter steht – einen Ausgleich. Sachverständige in der Enquete-Kommission hatten Möglichkeiten Brandenburgs zur Rückgabe bzw. Entschädigung skizziert, die wir gerne ausschöpfen möchten. Der Antrag sieht weiter vor, dass eine Ansprechperson Betroffenen Information und Beratung anbietet.“
Hintergrund:
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzt sich seit ihrem Wiedereinzug in den Landtag für die Rechte der Neusiedlererb*innen ein. Etwa 200.000 Landarbeiter*innen, Vertriebene und Kleinbauern und -bäuerinnen erhielten ab 1945 in Sowjetischer Besatzungszone und DDR im Rahmen der Bodenreform Landflächen, für deren Erwerb sie Kredite aufnehmen mussten. Nach DDR-Recht wurden sie so zu Eigentümer*innen der Flächen und konnten ihr Land auch vererben. Nach der Wende wurden zahlreiche Neusiedlererb*innen unter strittigen Umständen enteignet. Das Land Brandenburg griff in rund 7.500 Fällen Brandenburg auf das Recht der gesetzlichen Vertretung bei unbekannten Erben zurück und ließ sich als Grundstückseigentümer ins Grundbuch eintragen, ohne berechtigte Erb*innen zu ermitteln. Hinzu kommen mindestens 6.500 Fälle, in denen sich das Land Brandenburg vor dem 2.10.2000 den Boden von bekannten Erb*innen aneignete.