Kurzgutachten zum Für und Wider einer Hochschulfusion in der Lausitz
Die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Debatte zum Anlass genommen, das Für und Wider einer Fusion von BTU Cottbus und Hochschule Lausitz in einem Kurzgutachten durch den Hochschulexperten Dr. phil. Carsten von Wissel untersuchen zu lassen, das nun vorliegt. Es geht auf die Situation der brandenburgischen Hochschullandschaft und die Ausgangslage in der Lausitz ein, fasst die wissenschaftliche Debatte zum Thema Hochschulfusionen zusammen, wägt die Argumente von Fusions-Gegnern und Befürwortern ab und kommentiert das von der rot-roten Landesregierung vorgelegte Fusionsgesetz.
Das Kurzgutachten stellt die bisher nicht gegebene Komplementarität der beiden Lausitzer Hochschulstandorte heraus. Es hebt die Wandlungsprozesse in der deutschen Hochschullandschaft durch den Bologna-Prozess hervor und verdeutlicht, dass die traditionelle Arbeitsteilung zwischen Fachhochschulen und Universitäten in Bewegung geraten ist. Auch von Universitäten wird zunehmend ein regionaler Nutzen erwartet, den traditionsgemäß Fachhochschulen leichter erbringen.
Das Kurzgutachten bekräftigt unsere Fraktion in der Forderung nach einer zukunftssicheren Ausrichtung der Hochschullandschaft. Wir teilen die Forderung des Gutachtens der Emmermann-Kommission nach besserer Kooperation der Hochschulen BTU und Hochschule Lausitz, bzw. nach Komplementarität der Studienangebote. Universitäre und fachhochschultypisch anwendungsorientierte Bestandteile müssen zukünftig stärker verschränkt werden. Von daher spricht vieles dafür, in der Lausitz neue Wege einzuschlagen.
Nach Abwägung des Für und Widers halten wir die von der rot-roten Landesregierung angestrebte Fusion der beidem Lausitz-Hochschulen zum Erreichen dieser Ziele für möglich, zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht für den richtigen Weg. Wir teilen die Kritik der Betroffenen am Vorgehen der Landesregierung, über die Köpfe der Beteiligten hinweg eine Neugründung der Hochschulen in der Lausitz durchsetzen zu wollen. Das Gutachten belegt diese Kritik. Zitat: „Verstärkt wird der im Argument benannte Eindruck durch die Schrittfolge bzw. das Timing des Vorgehens, das ohne Einschränkungen als unglücklich zu bezeichnen ist. Es hat den Anschein als seien eigene politische Agenden der Landesregierung (…) für das Timing entscheidender gewesen als Belange der von einer eventuellen Fusion betroffenen Hochschulen und ihrer Angehörigen.“
Wie bereits angekündigt, spricht sich die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für eine Neuausrichtung der Hochschullandschaft in der Lausitz im Konsens mit den Betroffenen aus.
Wir schlagen die Einrichtung eines Lausitzrates unter Einbindung der Hochschulen sowie weiterer Akteure vor. Dieses Gremium soll einen eigenen Vorschlag für die Struktur der Hochschulen vorlegen.
Wir erwarten einen verbindlichen und zukunftsfähigen Strukturvorschlag, der folgende Anforderungen erfüllt:
Umsetzung der Vorgaben aus dem Emmermann-Gutachten
maximale Durchlässigkeit zwischen Hochschule Lausitz und BTU für Studierende und DoktorandInnen
Intensivierung der Kooperation in Lehre und Forschung möglichst auf Fachbereichsebene nach den o.g. Vorgaben sowie eine Verbindung der anwendungsbezogenen und der theoriegeleiteten Forschungsansätze
weitestgehende Einbindung aller Beteiligten und Interessengruppen (Studierende, Beschäftigte, Lausitzer, KMU, Wissenschaftscommunity) in den Prozess
demokratische Gestaltung der Leitungs- und Beteiligungsstrukturen an der oder den Lausitzer Hochschule(n)
Folgende Maßnahmen müssen zur Umsetzung ergriffen werden:
- Der im Gesetzentwurf vorgesehene Lausitzbeauftragte der Landesregierung wird ersetzt durch einen 16-köpfigen Lausitzrat, dem 8 Hochschulmitglieder angehören, je ein Mitglied jeder Statusgruppe (HochschullehrerInnen, akademische und weitere MitarbeiterInnen, Studierende) der BTU und der Hochschule Lausitz, und 8 externe Mitglieder. Die externen Mitglieder setzen sich zusammen aus je einer/m VertreterIn der Landesregierung, der Stadt Cottbus, der Stadt Senftenberg, einem Umweltforschungsinstitut, der IHK, dem Wissenschaftsrat, der Hochschulrektorenkonferenz und des Landeshochschulrates.
- Das Gremium erhält den Auftrag, dem Parlament einen Vorschlag für eine tragfähige Struktur zur Erfüllung der oben genannten fünf Anforderungen vorzulegen.
- Wenn der Lausitzrat diesen Findungsprozess nicht innerhalb von maximal zwei Jahren zu Ende führen kann, entscheidet das Parlament über das weitere Verfahren.
Dr. phil. Carsten von Wissel ist Politikwissenschaftler und Soziologe. Er war von 2008 - 11 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Hochschulforschung an der Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg und ist seither als freiberuflicher Sozialwissenschaftler tätig.