Brandenburg bräuchte wegen der Altersabgänge jährlich 600 neue Lehrkräfte
Unterricht fällt aus, Fachlehrer fehlen, Förderstunden werden gestrichen und allerorten formiert sich Widerstand. Der schwarze Peter wird oft den Schulämtern zugeschoben, die aber nur den Mangel verwalten. Die Verantwortung liegt bei der Regierung, bei SPD und Linke. Allen Wahlkampfversprechen zum Trotz, Bildung habe oberste Priorität, kürzt diese Landesregierung sehenden Auges bei der Bildung.
Die Schüler-Lehrer-Relation, das Verhältnis von 15,4 zu 1, solle bis zum Ende der Legislaturperiode erhalten bleiben. Nach den Berechnungen des Bildungsministeriums vom letzten Jahr müssten 2011 340 neue Lehrkräfte eingestellt werden, 100 mehr als jetzt geplant. Nehmen wir gar einen Zeitraum von zehn Jahren in den Blick, verschärft sich die Situation: Wegen der enormen Zahl der Altersabgänge bräuchten wir ab sofort jährlich 600 neue Lehrkräfte. Die jährliche Zahl fertig ausgebildeter Lehrkräfte liegt bei 450, dabei entsprechen Schulart und Fächerkombination oft nicht dem Bedarf.
Und selbst wenn es gelänge, nur das Mengenverhältnis zu halten, ergäbe das noch nicht die geringste Verbesserung. In den Ländervergleichen schneidet Brandenburg immer wieder miserabel ab. Das zu ändern, erfordert andere Anstrengungen: deutlich mehr individuelle Förderung für alle Kinder und bessere Fortbildungsangebote für LehrerInnen. Da liegt der eigentliche Schlüssel zum Erfolg! Nicht einmal die Schüler-Lehrer-Relation halten zu können, darf getrost als bildungspolitischer Bankrott bezeichnet werden.
Bis 2020 müssen die Landesausgaben von ca. 10 auf 8 Mrd. € reduziert werden. Umso wichtiger ist eine offene und ehrliche Debatte über politische Schwerpunkte: Wollen wir entweder den Erhalt jeder Polizeiwache, Reparatur und Ausbau der Straßen oder setzen wir lieber auf Bildung, die wichtigste Ressource, die zwischen den Ohren unserer Kinder wächst? Bildung in Sonntagsreden höchste Priorität einzuräumen und dann hinter verschlossenen Türen den Rotstift anzusetzen, entbehrt der Aufrichtigkeit, die Bürgerinnen und Bürger zu Recht von der Politik erwarten.
Die Potsdamer Stadtverordneten haben Anfang Mai mit Unterstützung von SPD und Linke einen Appell verabschiedet, der die zuständigen Ministerien und die Fraktionen im Landtag Brandenburg auffordert, „die Fehlstunden an Potsdamer Schulen durch geeignete personalwirtschaftliche Maßnahmen signifikant abzubauen.“ Sollte man nicht von den VertreterInnen der Regierungsparteien verlangen, dass sie die Politik ihrer Koalition in der Stadt erläutern? Ist es nicht absurd, dass wir als kleinste Oppositionspartei vom Potsdamer Oberbürgermeister gebeten werden, uns im Landtag für eine bessere Bildungspolitik und damit gegen die strategischen Ziele der SPD einzusetzen? Wäre es nicht angebracht, Schwerpunkte ehrlich zu diskutieren, statt sich kleinmütig vor vermeintlichem Wählerwillen wegzuducken? Dem Ansehen von Politik wäre damit sicher besser gedient. Der Bildung allemal.